Hamburg. Genussexperte und ehemaliger Betreiber von Rindchen's Weinkontor testet Küche von Cornelia Poletto in Eppendorf.
Es war im Jahre des Herrn 2000, hierzulande regierte noch die D-Mark, dass ich meine bisher letzte Restaurantkolumne im Hamburger Abendblatt über die damals blutjunge, aufstrebende Spitzenköchin Cornelia Poletto und ihr just eröffnetes erstes Lokal veröffentlichte. Nun, kurze Zeit später, greife ich erneut zur Tastatur, um Sie im wöchentlichen Wechsel mit Tipps und Tricks für das Kochen daheim über das Werden und Wirken in Hamburgs Speisegaststätten auf dem Laufenden zu halten.
Dabei ruht das Auge des betagten Autors wie seinerzeit mit besonderer Freude auf dem trefflichen Tun der omnipräsenten Herdartistin. Ihr jetziges Restaurant zählt für mich, so verwunderlich das bei Deutschlands wohl bekanntester Köchin auch anmuten mag, zu den unterschätztesten Orten der genussvollen Einkehr in der Hansestadt.
Das hat sich die Königin der Einschaltquoten aber selbst zuzuschreiben: Als Cornelia Poletto ihr mittlerweile im Sternenhimmel angekommenes früheres Etablissement schloss, verkündete sie frohgemut, den Stern dreingebend, fürderhin schwerpunktmäßig ausgewählte Feinkost verkaufen und in ihrem neuen Lokal hauptsächlich Brathähnchen und Dosensardinen anbieten zu wollen.
Cornelia Poletto: Ähnlich gut wie früher im Sternelokal – aber preisgünstiger
Von daher erwartete ich hier schlichtes Essen aus ordentlichen Zutaten und als Klientel vorwiegend buntfernsehaffine Touristen aus dem ländlichen Raum die „mal schauen wollen, wat die Poletto jetzt so macht“.
Da lag ich ziemlich daneben: Das mit den guten Zutaten stimmt zwar – Cornelia Poletto war und ist eine kompromisslose Verfechterin bester Lebensmittel. Überdies hat sie sich aber mit Robert Stechmann einen Chefkoch aufgebaut, der mit seinem handverlesenen Team die stilsichere, von mediterraner Leichtigkeit getragene Poletto-Küche in kongenialer Manier zelebriert. Im Grunde isst man hier jetzt wieder ähnlich gut wie früher im Sternelokal – allerdings preisgünstiger.
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Dabei gibt es eine Standardkarte mit bewährten Evergreens der Altmeisterin im Probierformat à la Black-Tiger-Garnelen mit Zitronen-Aioli (€ 19,-) oder Bretonische Artischocke mit zweierlei Dips (€ 17,-). Ungleich spannender ist jedoch das wechselnde saisonale „Menu Degustazione“, bei dem die Stechmann-Crew ihre Kreativität auslebt. Hier ragen unter den Vorspeisen aktuell die frisch-beschwingten Medaillons vom Bretonischen Hummer mit Amalfizitrone und Avocado heraus (€ 26,-). Ein ganz großer Wurf ist auch die aktuelle Pasta-Empfehlung: Bei den handgemachten Krustentier-Tortelli steht ein pikantes Karottenpüree in spannendem Kontrast mit dem feinen Süße-Säure-Spiel der Passionsfrucht, der Hauch Ingwerschärfe verleiht dem Ganzen zusätzlich Spannung, die Tortelli selbst sind ein Gedicht (€ 26,-).
Klassisches Drei-, Fünf- oder Siebengängemenü
Viel Freude bereitet auch der à point gebratene Adlerfisch, zu dem eine aromenstarke Kombi aus Ochsenherztomaten und einer pikanten Tomberry-Salsa begeistert (€ 37,-). Eine gemütliche Wohlfühl-Kombination mit sinnensatten, intensiven Geschmackskomponenten ist das delikate Mangalitza Wollschwein mit Bohnen-Casserole, Kartoffelstampf und Vierländer Apfel (€ 38,-).
Wer mag, kann sich aus dem „Degustazione“ ein klassisches Drei-, Fünf- oder Siebengängemenü (69/99/129 €) zusammenstellen und sich den bei der Qualität der Zutaten und Zubereitungen durchaus gerechtfertigten Stern einfach dazudenken. Neuerdings gibt es zudem eine überaus spannende Möglichkeit zu erkunden, was dabei rauskommt, wenn junge Spitzenköche Lust auf Edel-Fast-Food haben: Im neben dem Poletto gelegenen RoBa (Goernestraße 1), einer ehemaligen rustikalen Kneipe, bieten Robert und Basti aus der Poletto-Küche heraus Fish & Chips, Fried Chicken Teriyaki, Calamari fritti oder die Roba Currywurst Spezial mit hausgemachter Sauce zu moderaten € 6,50 an.
Cornelia Poletto: Eppendorfer Landstraße 80, 20249 Hamburg, Telefon: 040/480 21 59, E-Mail: veranstaltung@poletto.de, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 11 bis 23 Uhr