Experten auf Internationaler Aids-Konferenz sehen neue Chancen. Es gibt mittlerweile bessere Mittel zur Behandlung der Immunschwäche.

Washington. Im Kampf gegen die lange unbesiegbar scheinende Immunschwächekrankheit Aids stehen Forscher vor einem Wendepunkt, ihre Erfolge könnten aber nach ihren Angaben durch Finanzkrise und Mittelkürzungen gefährdet werden. Ärzte und Forscher appellierten deshalb am Sonntag (Ortszeit) auf der Internationalen Aids-Konferenz in Washington an die Regierungen in aller Welt, keinesfalls in ihrem – auch finanziellen – Engagement nachzulassen. In den am härtesten vom HI-Virus heimgesuchten armen Entwicklungsländern hätten im vergangenen Jahr sieben Milliarden Dollar für Aids-Medikamente gefehlt.

„Diese Lücke tötet Menschen“, sagte UNAIDS-Chef Michel Sidibe. „Meine Freunde, das Ende von Aids ist nicht umsonst“, fügte Sidibe hinzu. „Es ist nicht zu teuer. Es ist unschätzbar.“ Die Ko-Vorsitzende der Konferenz, Diane Havlir, mahnte: „Die künftigen Generationen zählen auf unseren Mut und unsere Kühnheit, in großen Maßstäben zu denken und unsere Chancen zu nutzen.“

Auf ein Heilmittel oder einen Impfstoff gegen die Immunschwächekrankheit wartet die Welt zwar immer noch. Aber Wissenschaftler setzen nach eigenen Angaben auf Methoden, mit denen die Ausbreitung des hartnäckigen HI-Virus unterbunden werden soll. So ruhen die Hoffnungen auf Medikamenten, die Patienten nicht nur das Leben retten, sondern sie weniger ansteckend machen sollen. Zudem steht inzwischen für Gesunde mit infiziertem Partner ein Mittel bereit, das ihr Ansteckungsrisiko senken kann.

Allerdings dürfte die Herausforderung für die mehr als 20.000 Teilnehmer der Washingtoner Konferenz darin bestehen, die vielversprechenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in die praktische Realität zu überführen. Dabei dürfte es wohl diese Woche nicht nur um die Frage gehen, welcher Cocktail aus Schutzmaßnahmen in den unterschiedlichen Weltregionen am besten wirkt. Eine wichtige Rolle spielen auch die Geldmittel, die die Geberländer im Kampf gegen eine Krankheit investieren wollen, die sich zunehmend zu einer Geißel der Armen und Ausgegrenzten entwickelt hat.

+++Kampf gegen Aids vor möglichem Wendepunkt+++

Die Weltgemeinschaft gab im Kampf gegen Aids im vergangenen Jahr 16,8 Milliarden Dollar (rund 13,8 Milliarden Euro) aus. Allerdings fehlen nach UN-Angaben jährlich noch immer sieben Milliarden Dollar, um 15 Millionen behandlungsbedürftige Menschen bis 2015 mit den nötigen Medikamenten zu versorgen.

Die globale Rezession und die Nachlässigkeit im Kampf gegen Aids bedrohten entsprechende Investitionen zusätzlich, warnten die Experten am Sonntag in ihren Vorträgen. „Wir dürfen keine Schritte zurückmachen“, erklärte die Präsidentin der Internationalen Aids-Gesellschaft, Elly Katabira. Havlir pflichtete ihr bei: „Es wäre ein außerordentliches globales Versagen, wenn finanzielle Einschränkungen unsere Möglichkeiten zur Eindämmung von Aids zu einem Zeitpunkt schmälern würden, an dem das Ziel erwiesenermaßen erreichbar ist.“

Als Redner sind unter anderem die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, Weltbankpräsident Jim Yong Kim, US-Außenministerin Hillary Clinton, der Musiker Elton John und die Schauspielerin Whoopi Goldberg zu der sechstägigen Tagung geladen. Die Konferenz wird das erste Mal seit 22 Jahren in den Vereinigten Staaten abgehalten.

Weltweit tragen rund 34 Millionen Menschen den HI-Virus in sich, etwa 30 Millionen sind bereits an Aids gestorben. Jährlich infizieren sich rund 2,5 Millionen Menschen. Am stärksten betroffen ist Afrika südlich der Sahara.

(dapd/abendblatt.de)