Der weltweite Kampf gegen HIV zeigt Wirkung, macht der Jahresbericht des HIV-/Aids-Programms der UN deutlich. Aber es bleibt noch viel zu tun.

Washington. 2,5 Millionen Menschen weltweit haben sich im vergangenen Jahr mit HIV infiziert – rund ein Fünftel weniger als noch 2001. Die Zahl neu infizierter Kinder sei binnen zwei Jahren um fast ein Viertel auf geschätzte 330.000 gesunken, berichtete das HIV-/Aids-Programm der Vereinten Nationen, UNAIDS, am Mittwoch in Washington. "Wir sehen einen schnellen Fortschritt“, wird UNAIDS-Direktor Michel Sidibé zitiert. Bedenklich sei allerdings, dass mehr als ein Drittel der Neuinfizierten junge Menschen zwischen15 und 24 Jahren seien. Jeden Tag hätten sich im vergangenen Jahr 2400 Menschen dieses Alters mit dem Aids-Erreger angesteckt.

Enorme Erfolge gab es bei der Behandlung: Mehr als acht Millionen Menschen hatten 2011 Zugang zu Therapien – ein Fünftel mehr als im Jahr zuvor, rund 1,6 Millionen Menschen also. 2003 waren nur 400.000 Menschen behandelt worden. Die Erfolge gingen vor allem auf die positive Entwicklung in der Region südlich der Sahara zurück, heißt es in dem Bericht "Together We Will End Aids“. Das von den Vereinten Nationen angestrebte Ziel, 2015 mehr als 15 Millionen Infizierte behandeln zu können, könne erreicht werden, so Sidibé.

+++Die "Pille davor" gegen Aids - Fluch oder Segen?+++

"Ein Jahrzehnt antivirale Behandlung hat HIV vom Todesurteil zu einer handhabbaren chronischen Krankheit werden lassen“, schreibt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in einem Vorwort des Berichts. "Es gibt eine reale Chance, Neuinfektionen von Kindern in den kommenden drei Jahren auszumerzen.“ Noch immer aber seien zu viele Menschen nicht in der Situation, von ihren Partnern sicheren Sex einzufordern. Und noch immer würden HIV-Infizierte vielfach stigmatisiert.

Die Kosten für eine Therapie sanken in den vergangenen zehn Jahren von rund 10.000 Dollar (rund 8000 Euro) jährlich auf weniger als 100 Dollar (rund 80 Euro) – unter anderem dank günstiger Generika, wirkstoffgleicher Kopien von Marken-Medikamenten. Noch aber bekämen rund die Hälfte aller geeigneten Betroffenen keine Medikamente gegen den Erreger, betont UNAIDS. Ein drohendes Problem sei zudem, dass das Virus resistent gegen die derzeit verwendeten Wirkstoffe werde. "Es ist egal, für wie viele Menschen wir Medikamente beschaffen können, wenn wir sie damit nicht auch am Leben halten und sie immer weiter behandeln können.“

Rund 1,7 Millionen Menschen starben 2011 weltweit an den Folgen von Aids – 2005 waren es noch 2,3 Millionen. Mehr Menschen als je zuvor – gut 34 Millionen – leben mit dem Virus im Körper, weil die Therapien das Leben Betroffener deutlich verlängern. In West- und Zentraleuropa sind es 1,5 Millionen Menschen, etwa 17.000 davon sind Kinder unter 15 Jahren.

Weltweit gibt es UNAIDS zufolge 3,4 Millionen infizierte Kinder - neun von zehn leben in Afrika südlich der Sahara. 230.000 Kinder starben 2011 infolge der Infektion. Für Frauen in gebärfähigem Alter sei HIV noch immer die Haupttodesursache, heißt es in dem Bericht. "Es ist unsere einzige Option, auf Null zu kommen“, so Sidibé. "Keine andere Zahl ist gut genug für uns, für unsere Familien und Partner, für unsere Kinder und für deren Kinder.“

Bei der Welt-Aids-Konferenz vom 22. bis 27. Juli in Washington wollen rund 25.000 Teilnehmer eine Woche lang über den aktuellen Stand im Kampf gegen Aids diskutieren und neue Studien vorstellen.

HIV und Aids weltweit: Zahlen und Fakten aus dem UNAIDS-Bericht

Dank moderner Medikamente (antivirale Therapien) überleben weltweit immer mehr Menschen trotz der Immunschwächekrankheit HIV/AIDS. Nach dem neuen Bericht des HIV-/Aids-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS) von diesem Mittwoch lebten 2011 rund 34,2 Millionen Menschen mit HIV – rund fünf Millionen mehr als 2001. Weitere Zahlen und Fakten aus dem jüngsten Bericht:

Erfolge : 2011 haben sich weltweit 2,5 Millionen Menschen neu mit HIV infiziert – im Vergleich zu 2001 immerhin ein Rückgang um 20 Prozent. 1,7 Millionen Menschen starben an AIDS – fast ein Viertel (24 Prozent) weniger als noch 2009. Auch die Ansteckung von Kindern geht weltweit zurück. Rund 330.000 Neuinfektionen im Jahr 2011 bedeuten im Vergleich zu 2001 ein Fünftel weniger.

Regionen : HIV/AIDS grassiert weiterhin mit großem Abstand am häufigsten in Afrika südlich der Sahara. Hier leben 23,5 Millionen Menschen mit HIV, darunter auch 3,1 Millionen Kinder. Das sind 90 Prozent aller Kinder, die weltweit infiziert sind. In Süd- und Südostasien haben rund 4,2 Millionen Menschen HIV. Weiter angespannt ist die Lage auch in Osteuropa und Zentralasien mit 1,5 Millionen HIV-Patienten. In der Russischen Föderation stiegen die erfassten Fälle zwischen 2005 und 2010 von rund 39 000 auf 62 500.

Medikamente : 2011 erhielten mehr als acht Millionen HIV-Patienten in Entwicklungs- und Schwellenländern antivirale Therapien. 2003 waren es erst 400 000. Die sprunghaft positive Entwicklung liegt auch daran, dass die Kosten für eine Jahresversorgung pro Patient in den vergangenen zehn Jahren von rund 10 000 auf 100 US-Dollar gesunken sind. Eine funktionierende Therapie bedeutet, dass die Übertragung der Krankheit nahezu (96 Prozent) ausgeschlossen ist. Den größten Fortschritt bei der Versorgung mit Medikamenten gab es in Afrika südlich der Sahara – der Anteil stieg innerhalb eines Jahres von 37 auf 56 Prozent. Weltweit bekommt nun rund die Hälfte aller geeigneten Patienten antivirale Therapien. Der Zugang hängt aber immer von der Region ab: In Osteuropa und Zentralasien erhalten zum Beispiel weniger als ein Viertel der HIV-Patienten Medikamente. Als Folge starben dort 2011 rund 90 000 Menschen an AIDS. 2001 waren es 15 000.

Geschlecht : HIV/AIDS ist weltweit die Haupttodesursache für Frauen im gebärfähigen Alter. 63 Prozent aller jungen Erwachsenen, die mit HIV leben, sind Frauen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Ein Hauptgrund für die Infektion ist Unwissenheit. Nur ein Viertel der jungen Frauen und rund ein Drittel der jungen Männer in diesen Ländern konnten Fragen zur HIV-Prävention und -Übertragung korrekt beantworten.

Alter : Das größte Risiko für HIV-Infektionen ist die Jugend. Jeden Tag stecken sich weltweit rund 2400 junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren mit HIV an – 2011 waren es insgesamt rund 890 000. 4,9 Millionen junge Leute leben mit der Krankheit, davon 75 Prozent in Afrika südlich der Sahara. (abendblatt.de/dpa)