Hamburg ist das Bundesland mit dem geringsten Anteil an Übergewichtigen. Und damit das so bleibt, startet das Abendblatt am Sonnabend mit einer großen Serie: Sport und Wellness, vier Wochen lang, jeden Tag.
Beim Pisa-Test hatte Hamburg noch das Nachsehen, aber in puncto Fitness ist die Hansestadt Spitzenreiter: Die schlankesten Deutschen leben in Hamburg. Das beweisen mehrere Untersuchungen. Laut Statistischem Bundesamt liegen 39,2 Prozent der Hamburger über einem durchschnittlichen Body-Maß-Index (BMI) von 25. Sie gelten damit zwar als übergewichtig, doch im bundesweiten Vergleich sind die Hanseaten am dünnsten. Angeführt wird das bundesweite Moppelranking von Mecklenburg-Vorpommern. Hier sind 53,2 Prozent der Einwohner übergewichtig. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Sachsen.
Auch eine bundesweite Erhebung des Instituts für Rationelle Psychologie im Auftrag der Männerzeitschrift "Men's Health" bestätigt: Die Hanseaten haben den geringsten Bauchumfang. Die der Männer beträgt durchschnittlich 94,81 Zentimeter. Die Thüringer Wampe misst dagegen sogar 98,27 Zentimeter. Bundesrekord. Die durchschnittliche Hamburgerin hat einen Bauchumfang von nur 83,63 Zentimeter. Auch bei den Frauen hält Thüringen mit 87,1 Zentimeter den Rekord.
Ebenso liegt Hamburg im großstädtischen Vergleich der BMI-Werte ganz vorn. So beträgt der BMI der Männer hier 24,43. Die Dicksten leben demnach in Rostock. Das lässt sich auch bei den Frauen feststellen. Die Durchschnittshamburgerin hat einen BMI von 24,42 und gehört somit zu den am besten geformten Großstädterinnen. Schlusslicht sind die Erfurterinnen mit einem BMI von 27,25. Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern.
Doch warum sind die Hamburger schlanker als der Rest der Deutschen? Ute Hantelmann, Diplom-Ökotrophologin von der Zentrale für Ernährungsberatung e.V. in Hamburg sieht dafür vielfältige Gründe. Zum einen mag es an traditionellen Essgewohnheiten liegen. "Die typischen Gerichte in den neuen Bundesländern sind von jeher deftig und gemüseärmer. Fleisch dominiert dort die Portion auf dem Teller, während die Hamburger auch die leichte, gemüsereiche und internationale Küche lieben." Sicherlich spielt die hohe Arbeitslosenquote - besonders in den neuen Bundesländern - eine entscheidende Rolle. "Menschen mit wenig Perspektive sind häufig inaktiver", sagt die Ernährungsberaterin der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung). Gesundes Essen und Bewegung brauchen immer wieder viel Ansporn und Motivation.
Auch kostet ein gesunder Lebensstil Zeit und Geld. "Wer für ein bescheidenes Familieneinkommen viel arbeiten und weit fahren muss, hat schlechte Voraussetzungen", sagt Hantelmann. "Das Kochen mit Gemüse der Saison erfordert gerade in den Wintermonaten Zubereitungszeit und Fantasie." Nicht jeder kann sich frisches Gemüse das ganze Jahr über leisten.
Des Weiteren ist Hamburg ein Stadtstaat mit einem großen Angebot an Sport- und Freizeitmöglichkeiten. "Diese individuellen und flexiblen Möglichkeiten gibt es für ländliche Regionen nicht", sagt Hantelmann.
Die Expertin sieht noch andere Gründe: "Untersuchungen der letzten Jahre haben ergeben, dass sich das Bildungsniveau auf die Ernährungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand auswirkt." Je gebildeter die Menschen, desto gesünder die Ernährung - und desto stärker wird auf einen gesunden Lebensstil geachtet.
Außerdem wird gerade im Ost-West-Vergleich auch der Altersdurchschnitt eine große Rolle spielen. Viele junge und gut ausgebildete Menschen wandern immer noch vom Osten in den Westen ab. "Grundsätzlich ist es mit zunehmendem Alter schwieriger, das Gewicht zu halten", sagt Hantelmann. Es ist also kein Zufall, dass Mecklenburg-Vorpommern, das im Bundesdurchschnitt das älteste Bundesland ist, auch die Statistik der Übergewichtigen anführt.
Ein weiterer Faktor, der sich für Hamburg in jedem Fall positiv auf die Statistik auswirkt: Hamburg ist eine Stadt, in der viele Menschen mit hohem Trendbewusstsein leben. Hanseaten legen Wert auf ihr Äußeres. "Es ist schick, um die Alster zu joggen oder an den zahlreichen Breitensport-Events des Jahres teilzunehmen", sagt Hantelmann. Das wirkt sich auch auf die Ergebnisse beim BMI-Wert aus.
Dieser wird vom Statistischen Bundesamt alle vier Jahre erhoben. In diesem Jahr ist es wieder soweit. Und damit die Hamburger wieder ganz vorn dabei sind, startet das Abendblatt am 21. Februar mit der vierwöchigen Sport- und Wellness-Serie "Hamburg bewegt sich".