Umwelt- und Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau will regenerative Energien weiterentwickeln und hält die Privatisierung der Stromversorgung für einen Fehler
Jutta Blankau ist knapp einen Monat im Amt. Von der Spitze der IG Metall Küste wechselte die SPD-Frau als Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt in den Scholz-Senat. Statt für Gewerkschaftsmitglieder in Tarifverhandlungen zu streiten, vertritt sie nun Hamburg als Umwelthauptstadt 2011. Das Abendblatt sprach mit ihr über das Hauptstadtjahr und ihr Verständnis von Umweltpolitik.
Hamburger Abendblatt:
Frau Blankau, Ole von Beust "ergrünte" nach dem Al-Gore-Film "Eine unbequeme Wahrheit". Wodurch wurden Sie ökologisch erweckt?
Jutta Blankau:
Ich glaube nicht, dass ich ein Erweckungserlebnis hatte. Ich bin in der Anti-Atomkraft-Bewegung groß geworden. Vor allem hat mich mein Leben als Gewerkschafterin geprägt.
Inwiefern?
Blankau:
Es ist notwendig, industrielle Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Es wird aber nur gelingen, wettbewerbsfähig zu bleiben, wenn wir auch auf ökologische Produkte wechseln. Der Lebensraum der Menschen muss so sein, dass man sich wohlfühlt, gesund bleibt und Freiräume hat. Deshalb gefällt mir Hamburg so gut. Wir haben viel Wasser, viel Grün, und die Elbe ist deutlich sauberer geworden. Das sind Dinge, die mir sehr am Herzen liegen.
Was ist Ihre umweltpolitische Überzeugung?
Blankau:
Ein wesentlicher Bestandteil der Umweltpolitik weltweit ist es, einen Beitrag zur CO2-Reduzierung zu leisten. Deshalb möchte ich in Hamburg den Gedanken der Umweltpartnerschaft mit den Unternehmen noch weiter stärken. Natürlich müssen auch die Bürger selbst einen Beitrag leisten. Das fängt beim Mülltrennen an und hört bei der energetischen Sanierung des eigenen Hauses auf. Darüber hinaus müssen wir darüber nachdenken, wie die Energiepolitik der Zukunft aussehen kann. Denn da entstehen auch neue Arbeitsplätze. Deshalb ist es mir für Norddeutschland ganz wichtig, dass sich die regenerativen Energien weiterentwickeln. Hier in Hamburg sitzen die Zentralen der Firmen, und in den anderen Küstenländern sind die Produktionsstandorte.
Was haben Sie vor Amtsantritt von der Umwelthauptstadt vernommen?
Blankau:
Ich habe die Auftaktveranstaltung im Januar mitbekommen und den Neujahrsempfang des Abendblatts. Ich glaube, dass gerade auch der Zug der Ideen ganz wichtig ist. Da werden wir ja auch ein großes Event draus machen.
Bisher war die SPD doch ein großer Kritiker des Zuges. Woher der Sinneswandel?
Blankau:
Natürlich kann man darüber diskutieren. Aber ich glaube, dass wir die Chance nutzen müssen. Als Außenstehende habe ich damals nur die Debatten in der Bürgerschaft mitbekommen. Hätte ich damals über den Zug entscheiden müssen, hätte ich Nein gesagt. Aber die Entscheidung ist getroffen worden, und jetzt möchte ich, dass der Zug auch ein Erfolg wird.
Also halb zog es sie, halb sank sie hin ...?
Blankau:
So in etwa. Neben dem Zug der Ideen ist es aber auch wichtig, dass nicht nur das Fachpublikum angesprochen wird. Die Umweltdialoge mit Ausstellungen auf Kampnagel sollen die Bürger mit einbeziehen.
Aber wo sind die Mitmachaktionen? Deren Fehlen hatte die SPD doch bemängelt.
Blankau:
Daran arbeiten wir gerade. Es wird Mitmachaktionen geben. Ein Beispiel dafür ist "Hamburg räumt auf". Das läuft zwar bereits seit 14 Jahren. Aber im Umwelthauptstadt-Jahr haben sich so viele Menschen beteiligt wie noch nie.
Und als nächstes dann "Hamburg spart Strom", "Hamburg pflanzt Bäume", "Hamburg säubert die Elbe"?
Blankau:
Ja vielleicht. Ich bin deshalb so zurückhaltend, weil wir uns das für einen späteren Zeitpunkt aufsparen wollen. Es wird nach dem Zug der Ideen kommen. Aber wir wollen unser Pulver nicht jetzt schon verschießen.
Die Hamburger dürfen also gespannt sein?
Blankau:
Dürfen sie.
Fürchten auch Sie einen Interessenkonflikt zwischen den beiden Bereichen Ihrer Behörde?
Blankau:
Man könnte schon sagen, dass das konkurrierende Bereiche sind. Dennoch glaube ich, dass es gut ist, Umwelt und Stadtentwicklung unter einem Dach zu haben. Vor 20 Jahren ging es beim Bauen eher um die Flächenfrage. Da wurden auch Parks und Grünzüge bebaut. Das hat sich überholt. Ein schönes Wohnumfeld hat heute auch immer etwas mit Grünflächen und Parks zu tun. Auch die Gestaltung spielt eine Rolle. Die Kombination passt also zusammen.
Wie stehen Sie zum Kohlekraftwerk Moorburg, das derzeit gebaut wird?
Blankau:
Ich persönlich hätte mir damals eher eine Debatte über ein Gaskraftwerk gewünscht. Aber jetzt ist das Kraftwerk Moorburg da und muss berücksichtigt werden.
Wollen Sie die Beziehungen zwischen Stadt und Vattenfall wieder glätten?
Blankau:
Es ist notwendig, mit allen Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Ich werde mit der Energiewirtschaft genauso reden wie mit der Bauwirtschaft, den Genossenschaften, den Mietervereinen und den Umweltverbänden.
Das heißt keine Feindbilder?
Blankau:
Keine Feindbilder.
Hilft oder hindert bei den Gesprächen Ihre Gewerkschaftsvergangenheit?
Blankau:
Ich glaube sie hilft eher. Es ist ganz gut, weil man sich gegenseitig schon einschätzen kann.
Wie stehen Sie zu Hamburg Energie?
Blankau:
Ich finde das gut. Ich habe damals in der Hamburger SPD sehr stark mitgestritten, als es um den Verkauf der HEW ging. Ich habe das damals für falsch gehalten.
Die Geschichte hat Ihnen recht gegeben ...
Blankau:
Die Steuerung bestimmter Energiebereiche hätte in den Händen der Stadt bleiben müssen. Hamburg Energie ist auch ein Signal. Die Politik hat verstanden, dass man nicht alles verkaufen kann. Die Privatisierung des Gesundheitswesens in Hamburg war genauso daneben. Wir müssen jetzt aber politisch darauf Einfluss nehmen, dass die Versorgung funktioniert. Bestimmte Bereiche kann man mit Gewinnmaximierung nicht abdecken.
Trennen Sie Ihren Müll zu Hause?
Blankau:
Ja, wir trennen. Ich persönlich bevorzuge es, zum Container um die Ecke zu gehen, als mir noch eine blaue Papiertonne in den Garten zu stellen.
Aber eine fünfte Tonne zum Beispiel in Orange bekommen wir nicht - oder?
Blankau:
Nein.
Was macht mehr Spaß, Umweltsenatorin oder Stadtentwicklungssenatorin?
Blankau:
Ich finde, das gehört beides zusammen.