Hamburg. Beim beliebten SUV in der Variante e-Power läuft der Dreizylinder-Turbo nur als Generator mit. Vor allem in der Stadt ergeben sich Spar-Vorteile.
Es war schon vor dem Elektrozeitalter eine spannende Frage, wie weit man mit seinem Auto kommt, ohne zwischendurch tanken (heute: laden) zu müssen. Dass „Pinkelpausen“ oder Ausruh-Stopps alle zwei Stunden ratsam sind, sei hierbei einmal ausgeklammert.
Diesel mit vernünftigem Tankvolumen knacken oft die 1000-Kilometer-Marke, ein Passat Bluemotion schafft bei vorsichtiger Fahrweise sogar um die 1700 Kilometer. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man liest, dass Nissan im vergangenen Sommer im Zuge einer Sprit-Spar-Challenge den so genannten e-Power-Antrieb einem „Härtetest“ (O-Ton Nissan) unterzogen hat.
Nissan Qashqai: Was bringt die Version e-Power?
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Wettbewerbs kamen aus sieben verschiedenen Ländern und sollten auf der italienischen Urlaubsinsel Sardinien eine 1000 Kilometer lange Strecke möglichst sparsam bewältigen. Ihr dafür vom Hersteller zur Verfügung gestellter Nissan Qashqai e-Power schluckt Superbenzin und hat einen 55-Liter-Tank, was zumindest laut Datenblatt (Normverbrauch 5,2 bis 5,3 Liter pro 100 km nach WLTP-Norm) für genügend Reichweite sorgen sollte.
Tatsächlich, so sagt es zumindest Nissan, absolvierten „alle Teams die 1000-Kilometer-Challenge mit Erfolg und erreichten einen durchschnittlichen Verbrauch von 4,9 l/100 km“. Das ist für SUV dieser Größe durchaus ein ordentlicher Wert, schließlich hat der Hybrid-Benziner je nach Ausstattung ein Leergewicht von 1,7 bis 1,8 Tonnen und ist mit 4,43 Metern Länge kein Winzling.
Antrieb übernimmt ausschließlich der Elektromotor
Doch für was steht „e-Power“ beim Qashqai eigentlich? Nun, die Motorenpalette der vor zwei Jahren eingeführten dritten Modellgeneration des Nissan-Bestsellers wurde im Herbst 2022 um ebendiese Variante erweitert. Ihr 1,5-Liter-Benziner (116 kW/ 158 PS) ist ein Turbo-Dreizylinder, er wird in der e-Power-Version mit einem starken Elektromotor (140 kW/190 PS) gekoppelt. Für den direkten Antrieb an der Vorderachse sorgt einzig der E-Motor, der Benziner springt nur als sehr häufig laufender Generator für die Stromerzeugung ein. „Kabellos elektrisch fahren“ nennt Nissan das in der Werbung und setzt noch das Adjektiv „sorgenfrei“ hinzu, was auf die nach wie vor existente Reichweitenangst unter E-Auto-Fahrern zielt.
Der Akku im Qashqai hat nur 2,1 kWh Kapazität
Da der e-Power-Qashqai lediglich einen 2,1 kWh großen Akku hat, wäre ohne den Generator tatsächlich schon hinter der übernächsten Kurve Feierabend. Versorgt wird dieser Elektro-Puffer nicht ausschließlich vom Turbo-Benziner, per Rekuperation zurückgewonnene Bremsenergie wird hier ebenfalls genutzt statt verschwendet. Kurze Stadt-Strecken ohne Last kann der Qashqai vollelektrisch fahren, in der Praxis fällt aber auf, dass der Motor fast immer mitläuft. Kurz nach dem Kaltstart etwas überraschend ist dabei die vergleichsweise hohe Drehzahl, wenn man an der nächsten Ampel stoppt. Offenbar muss der Akku so erstmal etwas in Wallung gebracht werden.
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Moderne E-Autos bieten 70 bis 80 kWh Akkukapazität, haben dann aber in der Regel keinen Benziner mehr an Bord (mit wenigen Ausnahmen, wo es einen Range Extender gibt). Den von anderen Herstellern propagierten Zwischenschritt eines extern aufladbaren Plug-in-Hybrid mit 10 bis 15 kWh Akkukapazität und 60 bis 100 Kilometern vollelektrischer Reichweite hat Nissan derzeit nicht im Sinn. Kein Wunder: Diese Modelle werden nicht mehr vom Staat gefördert, und sie müssen im Pendlerbetrieb täglich an die Steckdose, wenn sie tatsächlich mit Strom fahren sollen.
Ein „Gummiband-Effekt“ ist durchaus spürbar
Wer das Fahren mit E-Autos kennt, spürt, dass der Qashqai mit e-Power ein ähnliches Fahrverhalten entwickelt. Das ist einerseits angenehm, kann aber etwas irritieren, wenn Motordrehzahl und Fahrtempo nicht korrelieren. Mancher fühlt sich dann an das Fahren mit CVT-Getriebe und den berüchtigten „Gummiband-Effekt“ erinnert. Wäre der 158-PS-Qashqai ein regulärer Benziner, könnte er vermutlich auch schneller als 170 km/h fahren. Bei diesem Tempo ist beim e-Power-Antrieb jedoch Schluss. Je nach Laune und Bedarf kann der Fahrmodus gewechselt werden, es gibt die Stufen Eco, Standard und Sport.
Von der speziellen Motorvariante, die unter dem Strich laut ADAC-Durchschnittsmessung etwa einen halben Liter pro 100 Kilometer gegenüber dem Standard-Benziner mit Mildhybrid einspart, ist der Qashqai ein smartes, gefälliges SUV, das nicht zu Unrecht zu den beliebtesten auf dem deutschen Markt zählt. Eine gute Sicherheitsausstattung ist ebenso vorhanden wie gute Fahrstabilität und ein insgesamt guter Komfort.
Die Sitze im Testwagen (Ausstattungsniveau Tekna) waren bequem und elektrisch einstellbar. In Sachen Multimedia verzichtet Nissan auf neuzeitliches „digital first“, es gibt hier noch echte Schalter und Regler, etwa eine separate Klimabedieneinheit. Die Instrumententafel ist zwar digital, kann aber über die Einstellungen ein klassisches Erscheinungsbild mit Tachometer und Drehzahlmesser annehmen. Smartphones lassen sich unkompliziert integrieren.
Den größten Verbrauchsvorteil gibt es in der Stadt
Zum Schluss noch ein Wort zum tatsächlichen Verbrauch. 1000 Kilometer pro Tankfüllung kann man schaffen, aber nur mit einer kontrollierten Fahrweise. Am größten ist der Spritspar-Vorteil des e-Power-Prinzips tatsächlich in der Stadt, während bei Überlandfahrten oder auf der Autobahn kaum Pluspunkte gegenüber dem klassischen Verbrenner zu ermitteln sind.
Nissan Qashqai Tekna 1.5 VC-T e-Power: Die Bewertung im Detail:
Fahrverhalten: +++-
Fühlt sich fast an wie im E-Auto, wenn denn das Motorgeräusch nicht wäre.
Leistung: +++-
Der Benziner hat 158 PS, der E-Motor kann aber dank Akku-Puffer bis zu 190 PS abrufen.
Verbrauch: ++--
Wenn man denn noch Benzin tanken will, ist es hier ganz gut eingesetzt, vor allem in der Stadt (da um 5 Liter/100 km, auf der Autobahn bis 8,5 Liter/100 km).
Preis: ++--
Mit 47.570 Euro ist der Testwagen kein Schnäppchen. Den Basis-Qashaqi (ohne e-Power) gibt es schon ab 29.440 Euro.