Berlin. Spazieren gehen, Freunde treffen, Party – was davon dürfen Arbeitnehmer noch machen, wenn sie auf der Arbeit krangeschrieben sind?
Die Nase läuft, der Hals kratzt und das Fieberthermometer zeigt eine erhöhte Temperatur an. Der Entschluss, sich bei der Arbeit krankzuschreiben, ist also gefasst. Doch dann fragt eine Freundin nach einem gemeinsamen Spaziergang und schon steckt man mitten in einem Gewissenskonflikt: Ein bisschen frische Luft würde vermutlich gut tun, aber was ist, wenn eine Kollegin oder ein Kollege einen sieht? Ist es in Ordnung während einer Krankschreibung einen Spaziergang zu machen oder Freunde zu treffen?
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Grundsätzlich sei während der Arbeitsunfähigkeit alles erlaubt „was der Genesung dient oder förderlich ist“, erklärt Livia Merla, Fachanwältin für Arbeitsrecht der mgp-Kanzlei in Berlin, auf Anfrage dieser Redaktion. Nur weil eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, heiße das laut der Expertin nämlich nicht, dass er auch gleichzeitig bettlägerig ist.
Diese Aktivitäten können die Genesung beschleunigen – das sagt eine Anwältin
Das drückt auch die offizielle Bezeichnung einer Krankschreibung, die „Arbeitsunfähigkei“ aus. Denn nur weil ein Arbeitgeber arbeitsunfähig und somit gesundheitlich nicht dazu in der Lage ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen, bedeute das nicht, „dass man nicht mehr am Leben teilnehmen darf“, sagt Tjark Menssen, Leiter der Rechtsabteilung beim DGB Rechtsschutz gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Wenn ein Arbeitnehmer also einkaufen oder ins Theater geht, bedeute das laut Menssen noch lange nicht, dass er wieder arbeiten kann. „Es ist daher auch egal, wenn man dabei gesehen wird“, sagt der Leiter der Rechtsabteilung. Auch ein Spaziergang an der frischen Luft oder ein Ausflug an die See könne, so Merla, durchaus gut tun und „den Heilungsprozess beschleunigen“.
Während der Krankschreibung feiern gehen: Diese Konsequenzen drohen – Expertin macht klare Ansage
Während einer Krankschreibung seien Beschäftigte, so Menssen, nur dazu verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Genesung behindert. Auch Merla sagt, dass Verhaltensweisen, die eine Arbeitsunfähigkeit verlängern können, „tabu“ seien. So sollten zum Beispiel Sportarten vermieden werden, die sich „nachteilig auf den Heilungsprozess auswirken“.
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Aus der Praxis kenne die Fachanwältin außerdem Fälle, bei denen Arbeitnehmer trotz Krankschreibung zum Beispiel auf einer Party gesichtet worden seien. „Dies kommt natürlich nicht gut beim Arbeitgeber an“, sagt Merla. Doch nicht nur das: So etwas könne laut der Expertin durchaus „arbeitsrechtliche Konsequenzen“ wie zum Beispiel eine Kündigung wegen „Entgeltfortzahlungsbetrug“ nach sich ziehen. Gerade bei psychischen Erkrankungen sei eine Abgrenzung in der Praxis, welche Aktivitäten des Arbeitnehmers nun förderlich sind und welche nicht mehr, aber oft „schwierig“. Hier käme es, wie immer, auf den Einzelfall und die Art der Erkrankung an, so die Expertin für Arbeitsrecht.
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