Berlin. Handybilder aus dem Urlaub teilen viele. Doch Polizei und Kinderschützer raten Eltern zu Zurückhaltung bei Bild-Postings. Ihre Tipps.
Sommer, Sonne, lachende Kinder: Eltern genießen das – und viele teilen den Spaß, indem sie Aufnahmen ihrer Kleinen auf Instagram, Facebook, Snapchat und Co. verbreiten. Gerade Posts von Urlaub und Freizeit sind beliebt. Doch allzu oft vergessen Erwachsene dabei, dass auch die Kinder Interessen und Rechte haben.
„Es ist kein Geheimnis, dass das Netz nichts vergisst und Fotos sowie andere persönliche Informationen durchaus lang anhaltend online auffindbar sind“, sagt Daniela Tews, Medienreferentin beim Deutschen Kinderhilfswerk.
Kinderbilder im Netz können in sexualisierten Kontext gesetzt werden
Weil niemand weiß, bei wem und wo die Bilder im Internet irgendwann landen, warnt die Polizei vor Missbrauchsgefahren. Nicht gepostet werden sollten vor allem allzu freizügige Aufnahmen, rät die Zentrale Geschäftsstelle der Kriminalprävention der Länder und des Bundes in Stuttgart.
Seien Fotos oder Videos erst einmal hochgeladen, hätten es die Eltern nicht mehr in der Hand, was im Netz damit geschieht. „Es gibt Profile und Seiten, die Kinderbilder sammeln, gezielt verbreiten und in einen sexualisierten Kontext stellen“, erläutern die Präventionsexperten.
Besonders Nacktfotos sowie Bilder von leicht bekleideten Kindern können der Polizei zufolge „ungewollt zu kinderpornografischen Aufnahmen werden“. Mit den Persönlichkeitsrechten der Kinder im Internet sollten die Eltern deshalb „bewusst und rücksichtsvoll“ umgehen, raten die Experten. Auch die Großeltern, andere Familienmitglieder und Babysitter sollten dafür sensibilisiert werden, dass sie Verantwortung für die Verbreitung von Bildern der ihnen anvertrauten Kinder tragen.
Peinlichkeiten vermeiden
Ganz kleinen Kindern dürfte es zwar egal sein, was mit ihren Fotos geschieht. Doch mit zunehmendem Alter ändert sich das. Das Bund-Länder-Kompetenzzentrum Jugendschutz.net spricht von Schamgefühlen, die junge Leute wegen der Bilder entwickeln könnten.
Neben Nacktfotos betreffe das auch andere Bilder aus Kindertagen, auf denen sie beispielsweise sabbernd beim Essen oder ungewollt komisch guckend abgebildet sind. Sogar als „Munition“ für Spott und Häme gegenüber den Abgebildeten könnten diese Aufnahmen aus dem Netz dienen.
„Manche Kinderfotos gehören eher ins private Familienalbum“
Eltern können sich einem Selbsttest unterziehen. Die Polizei und Medienexperten empfehlen den Erwachsenen, sich folgende Fragen vor einem Posting zu stellen:
- Würde ich selbst wollen, dass mein Fotoalbum aus den eigenen Kindertagen komplett online zu finden ist?
- Ist es im Interesse meines Kindes, dass bestimmte Bilder von ihm im Internet stehen?
- Würde mein Kind auch in zehn Jahren noch wollen, dass die Aufnahmen öffentlich zugänglich sind?
„Manche Kinderfotos gehören eher als ausgedrucktes Bild ins private Familienalbum als digital in die Öffentlichkeit“, sagen die Präventionsberater der Polizei. Auch interessant: Handy für Kinder: Welches Alter empfehlen Experten?
Dass nicht alle Eltern an diese Risiken denken, zeigt eine Untersuchung von Jugendschutz.net für 50 reichweitenstarke Instagram-Profile mit Kinderfotos aus dem Jahr 2019. Die Mädchen und Jungen waren laut Studie fast nie unkenntlich gemacht. Etwa jedes fünfte Profil habe außerdem das Recht des Kindes auf Selbstdarstellung – also die Entscheidung darüber, wie man sich nach außen präsentieren möchte – nicht gewahrt.
Fotos online stellen: Kinder mitentscheiden lassen
Laut dem Deutschen Kinderhilfswerk müssen Eltern ihr Kind nach aktueller Rechtsprechung erst ab einem Alter von 14 Jahren fragen, ob es mit der Veröffentlichung eines Fotos von ihm einverstanden ist. „Aus Kinderrechtsperspektive muss das Kind allerdings so früh wie möglich einbezogen werden“, sagt Referentin Tews. Ihre Begründung: Die UN-Kinderrechtskonvention gebe den Kindern das Recht auf Privatsphäre „und auch darauf, beteiligt zu werden, wenn es um sie geht“. Lesen Sie auch: Fake News – So schütze ich Kinder vor Falschmeldungen
Sind alle Kinderfotos im Netz tabu? Nein, das ginge eher zu weit. Kinder seien Teil unserer Gesellschaft und sie müssten sichtbar sein – auch im Internet, betont das Kinderhilfswerk. Jedes Kind habe jedoch das Recht, „aktiv mitzubestimmen, ob, wie und mit wem ein Foto von ihm geteilt wird“. Dabei sollten sich die Eltern bewusst sein, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter noch nicht abschätzen könnten, was das Onlinestellen der Bilder für sie heute und in ein paar Jahren bedeutet.
Sparsam mit Daten umgehen
Zu besonderer Vorsicht raten die Kinderschützer, wenn es um die persönlichen Daten des Kindes geht. So sollte sein vollständiger Name nie im Zusammenhang mit einem Foto gepostet werden, um dessen Auffindbarkeit über Suchmaschinen zu erschweren. Auch interessant: Cybermobbing: Mehr psychische Gewalt wegen Corona an Schulen
Im Internet vermieden werden, so das Kinderhilfswerk, sollten möglichst auch Bilder, die Rückschlüsse etwa auf den Kindergarten, die Schule oder gar das Wohnhaus erlauben.
„Natürlich möchten Eltern den Ausflug ans Meer oder ins Schwimmbad auch festhalten, aber hier ist beim Teilen immer besondere Vorsicht geboten“, sagt Alexandra Koch-Skiba, Leiterin der Beschwerdestelle des eco-Verbandes der Internetwirtschaft. Es sei vielsagend, dass der Hashtag #kidsbeachwear (deutsch: Kinder-Badebekleidung) auf der Bilder-Plattform Instagram mehr als 20.000 Beiträge beinhalte.
Gesicht verpixeln, Empfänger beschränken, Beschwerde einreichen
Nach den Erfahrungen der Beschwerdestelle geraten nicht nur Fotos von Kindern im Bikini oder in der Badehose in falsche Hände und werden sexualisiert. „Selbst Fotos auf dem Spielplatz oder beim Kindergeburtstag können mitunter in Pädophilen-Foren auftauchen und in den falschen Kontext gebracht werden“, warnt Koch-Skiba.
Ihr Rat: Wer das Gesicht des Kindes vor einem Posten mit einem Smiley verdecke, es verpixele oder auch nur den Hinterkopf fotografiere, fahre sicherer. Zudem sollten die Fotos in sozialen Medien nur nur mit Verwandten oder engen Freunden geteilt werden.
Dazu empfiehlt der Verband, die Sicherheitseinstellungen vor dem Posten zu prüfen. Wer etwa Urlaubsbilder zeitweise in seinen Status stellt, könne für jeden einzelnen Kontakt entscheiden, ob die Fotos angezeigt werden.
Tipp: Wer unangebrachte Fotos von Kindern und Jugendlichen im Netz entdeckt, kann dies der eco-Beschwerdestelle melden. Bearbeitet werden jugendgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte sowie Straftaten wie Kinder- und Jugendpornografie. Der Verband lässt Inhalte vom Anbieter entfernen oder erstattet bei Straftatbeständen Anzeige.