Berlin. An Schlüsselbund oder Geldbörse befestigen und später per Handy wiederfinden: Solche praktischen Funkanhänger bietet nicht nur Apple.

Wo lag noch gleich der Autoschlüssel? Wohin sind Hund oder Katze schon wieder ausgebüchst? Solche Momente kennen wohl viele. Das wissen auch Firmen – und wollen hier Abhilfe schaffen. Vor Kurzem hat etwa iPhone-Hersteller Apple neues Zubehör vorgestellt: sogenannte AirTags.

Die Edelstahl-Plastik-Plättchen sind gerade so groß wie eine Zwei-Euro-Münze und gedacht als eine Art Schlüsselanhänger mit Ortungsfunktion. Besitzerinnen und Besitzer können sie je nach Bedarf an Alltagsgegenständen befestigen oder sogar am bewegungsfreudigen Haustier.

Da sich der kleine Chip jederzeit orten lässt, lassen sich verlegte oder verloren gegangene Dinge – so das Herstellerversprechen – via Handy schnell und bequem wiederfinden. Sogar außerhalb der eigenen vier Wände.

Was macht die neuen AirTags für Apple-Geräte aus? Welche Schlüsselfinder anderer Hersteller lassen sich auch mit Android-Geräten orten? Und wie schätzen Experten das Missbrauchsrisiko ein, wenn man Ortungschips heimlich Fremden zusteckt? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wozu können Funkanhänger wie AirTags hilfreich sein?

Gedacht ist das Zubehör vor allem zum schnellen Wiederfinden von Habseligkeiten, die man verlegt oder verloren hat – oder die einem womöglich entwendet wurden. Sowohl innerhalb der eigenen vier Wände, aber auch auf dem Arbeitsweg, im Restaurant oder auf Reisen.

Die Funkanhänger vereinen zwei praktische Vorteile: Zum einen sind die Chips angenehm klein, handlich und leicht. Apples kreisrunde AirTags etwa haben einen Durchmesser von 3,2 Zentimetern und wiegen nur elf Gramm.

Somit lassen sie sich bequem an allem befestigen, was man schnell aus den Augen verliert oder was einem lieb und teuer ist: am Schlüsselbund, am Reisegepäck, in der Geldbörse oder auch am Halsband von Hund oder Katze. Zudem sind die Plättchen nach IP67 vor Staub und Wasser geschützt und daher alltagstauglich.

Die Position eines Airtags wird in der Ortungs-App
Die Position eines Airtags wird in der Ortungs-App "Wo ist?" angezeigt. Bisher konnten darin nur iPhones, iPads, Macs oder Airpods lokalisiert werden. © dpa

Wie lassen sich daran befestigte Habseligkeiten orten?

Einerseits über die eingebaute Bluetooth-Funktion. So wie Smartphones auch schon Kopfhörer oder smarte Uhren über den Nahbereichsfunk aufspüren, erkennen Handys auch die kleinen Plättchen in der Nähe. Speziell bei AirTags kommt beim Suchen in direkter Umgebung noch eine Kombination verschiedener Sensoren zum Einsatz, die den genaueren Ultrabreitbandfunk (UWB) nutzen. Strom erhält der Chip über eine gewöhnliche Knopfzellenbatterie. Sie soll bis zu einem Jahr halten und lässt sich problemlos wechseln.

Möchte man ein AirTag-Plättchen orten, geht das auf iPhones über die zugehörige App „Wo ist“. Auf einer angezeigten Umgebungskarte wird der Fundort markiert. Nähert man sich diesem, weisen Pfeile den genauen Weg zum AirTag und dem angehängten Gegenstand.

Sucht man einen Anhänger weiter entfernt außerhalb der direkten Umgebung, läuft die Ortung über die Karten-App. Dann wird der eigene Chip von einem Netzwerk fremder Handys geortet. Die Funksignale dieser Handys (stromsparend über „Bluetooth Low Energy“) erkennen den fremden Chip und senden die Kennung – anonymisiert und sicher verschlüsselt – an eine zentrale App, der Besitzer wird benachrichtigt.

Eine dritte Möglichkeit ist, den Chip per Befehl über einen Alarmton zu finden. Wer möchte, kann auf dem AirTag seine Kontaktdaten speichern. Findet dann jemand Fremdes Dinge, die man verloren hat, kann dieser den Chip mit dem Handy auslesen und den Besitzer kontaktieren.

Nachteil der neuen AirTags: Sie funktionieren in vollem Umfang nur mit Apple iPhones der jüngsten Generationen 11 und 12. Und neben dem Kaufpreis – 35 Euro pro Stück sowie 120 Euro für das Vierer-Set – ist erhältliches Anhängerzubehör recht teuer.

Samsung SmartTag und Tile: Was bieten Modelle anderer Hersteller?

Besitzer eines Android-Handys, die Mehrheit also, können auf ähnliche Bluetooth-Tracker anderer Firmen zurückgreifen. Wer ein Samsung-Gerät hat, sollte die Galaxy SmartTags des Konzerns in Erwägung ziehen. Hier funktioniert die flotte Einrichtung ebenso wie das Finden über die firmeneigene App SmartThings. Sie sind seit Januar im Handel und kosten wie die AirTags 35 Euro pro Stück. Passend dazu:Augmented Reality: Per Handykamera die Realität erweitern

Mit den SmartTags+ erschien im April noch eine verbesserte Version (40 Euro; Doppelpack 65 Euro). Diese kann, wie die Apple-Variante, dank UWB Anhänger in direkter Nähe präziser orten. Auch die sonstigen Funktionen sind vergleichbar. Laut Praxistests orteten sie genauso gut. Einzig die Form ist hier quadratisch (4 x 4 Zentimeter) und die Außenhülle komplett aus Kunststoff.

Die Galaxy SmartTag+ von Samsung lassen sich dank einer Öse besser an Dingen befestigen. Sie sind aber nur mit Samsung-Geräten vollständig kompatibel.
Die Galaxy SmartTag+ von Samsung lassen sich dank einer Öse besser an Dingen befestigen. Sie sind aber nur mit Samsung-Geräten vollständig kompatibel. © PR | pr

Schon länger erhältlich sind Ortungs-Tags der Firma Tile (übersetzt: Fliese). Vier Modelle gibt es, mit unterschiedlicher Reichweite und Form. Das zu Apple und Samsung vergleichbare Pro-Modell kostet 35 Euro. Optisch gleicht es dem Samsung-Modell. Beide haben auch eine kleine Öse, die das Befestigen an Gegenständen erleichtert.

Fazit: Handlich und leicht sind alle drei Modelle. Nutzer neuerer iPhones profitieren von netten Zusatzfunktionen der AirTags. Android-Nutzer ohne Samsung machen mit Tags von Tile (arbeiten auch mit iPhones) nichts verkehrt. Eine etwas günstigere Alternative sind außerdem die Modelle von Hersteller Chipolo (Android und iOS; ab 25 Euro).

Praktisch: Bei Samsung und Tile funktioniert das Orten auch andersherum: Hat man zu Hause mal sein Handy verlegt und es vorher auf lautlos gestellt, hilft ein Knopfdruck auf den Ortungs-Tag. Dieser lässt daraufhin einen gut hörbaren Ton auf dem eigenen Smartphone erklingen, was das Wiederfinden des Handys erleichtern soll.

Erfahren auf dem Markt der Bluetooth Tags: Hersteller Tile verkauft schon seit Jahren Funk-Anhänger. Das neue Pro-Modell kann mit den Apple AirTags und Samsung SmartTags+ durchaus mithalten und ist für viele Smartphone-Marken geeignet.
Erfahren auf dem Markt der Bluetooth Tags: Hersteller Tile verkauft schon seit Jahren Funk-Anhänger. Das neue Pro-Modell kann mit den Apple AirTags und Samsung SmartTags+ durchaus mithalten und ist für viele Smartphone-Marken geeignet. © PR | pr

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Stalking: Lassen sich mit den Ortungschips andere Personen ausspähen?

„Sie können damit jemand Fremdes nicht durchgehend verfolgen, aber seinen aktuellen Standort aufrufen“, sagt Mirko Dölle vom Computermagazin „c’t“. Hersteller Apple habe gegen heimliches Zustecken seiner Plättchen Vorkehrungen getroffen. So gibt sich ein AirTag zu erkennen, wenn es den Träger als fremd erkennt. „Auf einem iPhone soll Ihnen dann angezeigt werden, dass sich ein fremdes AirTag schon eine Zeit lang mit ihnen bewegt. Dann kann man das Gerät aufspüren und deaktivieren, indem man die Batterie entfernt.“

Dölle sieht aber noch Sicherheitslücken: „Für uns ist nicht abschließend geklärt, unter welchen genauen Umständen diese Warnung kommt.“ Im Test habe es fast neun Stunden bis zu einer Warnung gedauert. Ein anderes Mal sei der Hinweis auf den fremden Chip auch nach zwei Wochen noch ausgeblieben.

Besitzer anderer Handymarken sollen statt der Mitteilung einen Glasperlenklang zu hören bekommen. „Es gibt allerdings die Möglichkeit, in den AirTag einzugreifen und zu verhindern, dass er diesen Warnton abspielt“, warnt Dölle. Man kläre die entdeckten Schwachstellen gerade mit dem Hersteller. Auch interessant: Facebook: Wird die App für iPhone-Nutzer kostenpflichtig?

Rechtlich scheint die Sache dagegen klar: Das heimliche Zustecken solcher Ortungschips verletzt mindestens die Persönlichkeitsrechte. Das Risiko betrifft Käufer anderer Tracker aber ebenso. „Neu ist nur“, sagt Dölle, „dass nun Millionen Apple-Geräte dabei helfen, die Ortungsmitteilungen weiter zu tragen.“

Ob man Bluetooth-Schlüsselfinder überhaupt benötigt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Günstiger bleibt bei verlegten Dingen in jedem Fall die Methode: Wer suchet, der findet.

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