Wenn der Koffer beim Fliegen verloren geht, haben die Fluggäste Anspruch auf Ersatz. Doch jede Airline hat dafür andere Regeln.
Berlin. Nur etwa jeder hundertste Koffer geht beim Fliegen verloren. Aber wenn es der eigene ist, kann das den Urlaub vermiesen, bevor dieser überhaupt angefangen hat. Dennoch ist es kein Grund, gleich in Panik zu verfallen. Denn rund 95 Prozent aller vermissten Gepäckstücke tauchen wieder auf. Und: „Reisende sind im Verlustfall nicht auf sich alleine gestellt“, erklärt Carola Scheffler vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, „sie erhalten Unterstützung und haben gewisse Schadenersatzansprüche.“
Damit das glatt läuft, ist es wichtig, den Verlust möglichst noch am Flughafen zu melden. „Die richtigen Ansprechpartner sind die Mitarbeiter des Lost-and-Found-Schalters“, erklärt Katharina Bauer vom Automobilclub ADAC. Wichtigstes Beweisstück: der Aufkleber auf der Bordkarte mit der Gepäckregistrierungsnummer. Bleibt eine erste Nachforschung am Schalter ohne Erfolg, wird eine Verlustmeldung erstellt. Sie enthält Personen- und Flugdaten, sowie Angaben zum Gepäckstück. In der Regel bekommen die Fluggäste automatisch eine Kopie mit einer Referenznummer. Diese ist wichtig, damit sie für den weiteren Suchverlauf etwas in der Hand haben.
Den Verlust seines Gepäcks sollte der Passagier der Airline unverzüglich melden, sagt Reiserechtler Prof. Ernst Führich aus Kempten. Sonst verliere er möglicherweise seinen Schadenersatzanspruch. Denn je länger er wartet, umso schwieriger wird es, zu beweisen, dass der Koffer tatsächlich beim Transport verloren ging und nicht etwa auf dem Weg vom Flughafen nach Hause. Die Beweislast trägt der Kunde, sobald er den Airport verlassen hat. Für beschädigtes Gepäck gilt eine Meldefrist von 7 Tagen. Diese Frist verlängert sich auf 21 Tage, wenn das Gepäck verspätet ankommt.
Nach der formellen Verlustmeldung sollten sich Reisende über die Bestimmungen der Airline in Sachen Gepäckverlust informieren. Wichtig ist zunächst, ob Koffer, Tasche und Co. zum Feriendomizil oder nach Hause geliefert werden, sobald sie wieder auftauchen: „Normalerweise ist das der Fall und dieser Service kostet auch nichts. Fluggäste müssen nur die Adresse und eine Kontaktmöglichkeit hinterlassen“, sagt Hannelore Brecht-Kaul von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Verweigere die Fluggesellschaft die Zustellung, könne man sich die Fahrtkosten zum Flughafen erstatten lassen.
Als nächstes empfiehlt es sich zu klären, wie die von der Airline gebotene Unterstützung für die Zeit ohne Gepäck aussieht. „Es gibt keine einheitliche Regelung“, erklärt Scheffler. Bei einigen gibt es bei Gepäckverlust ein Paket mit Unterwäsche und Toilettenartikeln, bei anderen nicht. Zudem gehen die Unternehmen unterschiedlich großzügig mit ihren finanziellen Überbrückungshilfen um: „Wer ohne Gepäck am Urlaubsort landet, hat grundsätzlich das Recht, sich auf Kosten der Fluggesellschaft eine Ersatzausstattung zu kaufen. Was diese jedoch umfasst und wie viel sie wert sein darf, variiert“, erklärt Scheffler.
So kann es sein, das Airline A ihren Kunden Toilettenartikel bis zu 50 Euro komplett erstattet und Textilien nur zur Hälfte trägt, während Airline B beides übernimmt und für die ersten fünf Wartetage jeweils einen Satz von 50 Euro zahlt. „Reisende sollten nur das kaufen, was sie in der konkreten Situation auch benötigen“, betont Bauer. Denn nur wenn eine Anschaffung plausibel sei, komme die Fluggesellschaft für sie auf. Dabei wird je nach Urlaubsziel und -art ein anderer Maßstab angelegt: „Macht jemand eine Luxusreise, bei dem elegante Garderobe Pflicht ist, kann etwa ein Cocktailkleid durchaus erstattet werden. Bei einem Badeurlaub nicht“, so Bauer.
Unterschiedlich sind auch die Zahlungsmodalitäten der Airlines. Teilweise wird ein Vorschuss gezahlt – je nach Buchungsklasse 20 bis 200 Euro. Meist muss der Reisende das Geld aber vorstrecken. „Es ist sehr wichtig, die Kaufbelege aufzuheben. Ohne sie lassen sich die Ausgaben nicht nachweisen, und es wird schwierig mit der Erstattung“, betont Brecht-Kaul. Spätestens drei Wochen nachdem Reisende ihr Gepäck wiedererhalten haben, müssten die Quittungen bei der Airline sein.
Bleibt der Koffer trotz intensiver Suche verschollen, muss der Reisende einen Fragebogen ausfüllen, in dem er Inhalt und Wert seines Gepäckstücks genau beschreibt. Dieser ist mit der Bitte um Schadenersatz bei der Airline einzureichen und wird von dieser geprüft. „Dabei legen die Airlines zugrunde, was im Koffer war. Wobei der Höchstbetrag, den ein Fluggast erhält, bei rund 1200 Euro liegt“, erläutert Scheffler. Wer also mit der teuren Golduhr im Koffer verreist, sollte besser vorher eine extra Versicherung abschließen.