Mainz. Beamter soll 21 Schädel bewusst falsch datiert haben. Nun gibt es 18 weitere Verdachtsfälle – darunter zwei spektakuläre Entdeckungen.
Wenn Archäologen bei Ausgrabungen auf Knochen und andere organische Überreste stoßen, führt ihr nächster Schritt sie oftmals ins Labor: Mit anspruchsvollen Verfahren wie der Radiokarbonmethode kann das Alter der Funde mithilfe eines Teilchenbeschleunigers präzise bestimmt werden, um sie in die Geschichte einzuordnen. Auch relative Datiermethoden wie das Bodenprofil spielen eine Rolle. Ein Forscher aus Rheinland-Pfalz hat dieses Vorgehen offenbar nicht allzu ernst genommen.
Vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass der Wissenschaftler 21 Schädel bewusst falsch datiert haben soll, um sie archäologisch relevanter zu machen. Jetzt meldet das zuständige Innenministerium in Mainz 18 weitere Verdachtsfälle, darunter auch zwei Sensationsfunde. Stattliche 170.000 Jahre jünger als bislang angenommen könnte eine der angeblich geschichtsträchtigen Entdeckungen sein. Ein Skandal.
Archäologe datiert Schädel auf das 5. Jahrhundert vor Christus
So gehören der „Neandertaler von Ochtendung“ und das „Schlachtfeld von Riol“ zu den 18 weiteren Verdachtsfällen, die sich nun gegen den früheren Mitarbeiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) ergeben hätten, teilte das Ministerium mit. Wie sich der Mann zu den Vorwürfen verhält, ist bislang unklar.
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Bereits im Oktober hatte das Land bekannt gegeben, dass der seit Längerem freigestellte Landesbeamte mindestens 21 gefundene Schädel oder Schädelteile bewusst falsch datiert haben soll. Gegen den ehemaligen leitenden Mitarbeiter läuft ein Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs der bewussten Manipulation.
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Er hatte mehrere menschliche Schädel dem 5. Jahrhundert vor Christus zugeordnet. Das traf den Untersuchungen zufolge aber nur bei zwei zu. Die anderen waren deutlich jünger und stammten aus dem Mittelalter oder sogar aus der Neuzeit.
Archäologe rechnet angeblichen Neandertaler-Schädel älter
Der angebliche Neandertaler-Schädel sei den Untersuchungen zufolge 160.000 bis 170.000 Jahre jünger als angenommen, sagte Innenstaatssekretärin Simone Schneider. Die archäologische Datenbasis für das „Schlachtfeld von Riol“ – angeblicher Fundort einer historisch bezeugten Schlacht aus dem 1. Jahrhundert nach Christus Geburt – habe sich bei der Überprüfung als unzureichend herausgestellt. Worum es bei den anderen 16 Verdachtsfällen geht, war zunächst unklar.
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Offenbar hatte es schon länger konkrete Anhaltspunkte für den Schwindel gegeben. Ausgelöst hatte die Überprüfung nämlich eine vertrauliche Anfrage einer nicht näher genannten deutschen Universität aus dem vergangenen Jahr. Dort seien Zweifel an der schon viele Jahre alten Dissertation des Mannes aufgekommen.
Ausmaß des Archäologie-Skandals steht noch nicht fest
Daraufhin hat das Bundesland die Schädel mit externer wissenschaftlicher Unterstützung erneut untersucht und ist auf völlig andere Ergebnisse gekommen. Unklar ist noch, wie viele weitere vergangene Projekte des entlassenen Archäologen nun noch untersucht werden. Das gesamte Ausmaß des Skandals steht also noch gar nicht fest.
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