San Francisco. Ein 500 Jahre altes Wrack vor Kenias Küste gibt Archäologen Rätsel auf. Es ist wohl einmalig im Indischen Ozean – und historisch bedeutsam.
Schiffswracks sind Sean Kingsleys Thema seit über 25 Jahren. Die elf Bücher, die der britische Meeresarchäologe geschrieben hat, handeln davon. Beim jüngsten Fund vor der Küste Kenias kommt er ins Staunen. Kingsley sagt nur: „Archäologischer Sternenstaub.“
Die Magie, von der er spricht, gilt einem Schiff, das vor genau 500 Jahren untergegangen ist: die „São Jorge“. Die Galeone war Teil einer Flottille, die den portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama auf seiner letzten Reise 1524 begleitete. Er hatte 1498 den Seeweg nach Indien entdeckt.
Dies führte dazu, dass die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Südostasien ausgebaut wurden. Die Portugiesen machten den italienischen Stadtrepubliken den Gewürzhandel streitig, der bis dahin über den Landweg ging.
Das Schiff gilt als „heiße Ware“
In einer Studie, die in diesem Monat in der Fachzeitschrift „Journal of Maritime Archaelogy“ erschienen ist, kommen vier Wissenschaftler zum Schluss, dass es sich bei einem Wrack in der Nähe der kenianischen Stadt Malindi um die „São Jorge“ handeln dürfte. Dann wäre es das älteste europäische Schiffswrack im Indischen Ozean. „Wir wissen es nicht genau“, schränkt der portugiesische Meeresarchäologe Filipe Castro ein. Einige Untersuchungen laufen noch.
Kenia sei eine Zwischenstation für die Erkundung der „Wunder Indiens“ gewesen, erläuterte Kingsley im Portal Live Science. Daher seien alle dort gefundenen frühen europäischen Schiffswracks „heiße Ware“.
Gehörte es zur Armada eines berühmten Entdeckers?
Heiß war die Fracht. Zu den Wundern Indiens zählen zum Beispiel Kupferbarren und wertvolle Elefantenstoßzähne. Genau das barg einer der vier Autoren, Caesar Bita vom Nationalmuseen von Kenia, schon 2013 in der Unterwasserstätte. Doch erst jetzt gehen Archäologen dem Ursprung seiner Beute vertieft nach, buchstäblich.
Etwa 500 Meter vom Ufer entfernt, in einer Tiefe von etwa sechs Metern, legten die Taucher zwischen den Korallen auf dem Meeresboden zwei archäologische Gräben an und unter Wasser Holz vom Schiffsrumpf und -rahmen frei.
„Dieses Wrack schreit geradezu nach Schutz, Respekt und Pflege“
Bekannt ist, dass da Gama das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas umrundete, hinter sich ließ und drei Reisen auf der Route nach Indien unternahm, bevor er dort 1524 starb. Die Historiker wissen auch, dass seine letzte Armada 1524 aus etwa 20 Schiffen bestand und dass zwei von ihnen in der Nähe von Malindi sanken: die Galeone „São Jorge“ und noch ein anderes Kriegsschiff, die „Nossa Senhora da Graça“.Das ging aber erst 1544 unter.
Obwohl es insgesamt acht portugiesische Schiffswracks in den Gewässern von Malindi gebe, deuten die vorläufigen Daten der Artefakte auf einen Schiffbruch auf der Hinfahrt nach Indien und auf ein Wrackdatum im ersten Viertel des 16. Jahrhundert, so Castro. Das spricht für die „São Jorge“.
Laut Castro sind die kenianischen Behörden am Schiffswrack von Malindi interessiert. Erwogen wird, ein Unterwassermuseum einzurichten. Kingsley mahnt, „dieses Wrack schreit geradezu nach Schutz, Respekt und Pflege, bevor seine Geschichte für immer verloren geht.“
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