Berlin. Müde und lustlos – im Winter nicht selten. Das kann so weit gehen, dass die Partnerschaft leidet. Was wirklich hilft, erklärt eine Expertin.

Es wird dunkler, kälter, nasser – kurzum, der Winter ist da. Für Beziehungen bedeutet das: mehr Zeit für Zweisamkeit, mehr Zeit für Sex. Das zeigt sogar die Statistik: Den Geburtenzahlen des Statistischem Bundesamtes zufolge werden in Deutschland mehr Kinder im Herbst und Winter gezeugt.

Doch so schön Kuscheleinheiten mit der Partnerin oder dem Partner sein mögen, der Winter kann auch ordentlich auf die Stimmung drücken. Oft ist dann vom sogenannten Winterblues die Rede. Durch fehlendes Sonnenlicht in der dunklen Jahreszeit fühlen viele Menschen sich antriebslos und müde. Im Jahr 2020 berichteten laut einer Umfrage von Statista und YouGov rund 59 Prozent von über 2000 Befragten in Deutschland, dass sie manchmal unter Winterblues leiden.

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„Betroffene ziehen sich zurück und haben kaum Motivation, etwas zu unternehmen“, erklärt Svea Schmidt, klinische Psychologin und Paartherapeutin aus Berlin die Symptome. Für Beziehungen könne das zum Problem werden, „wenn der eine Partner plötzlich keine Lust mehr hat, gemeinsam auszugehen und der andere schon“, so die Expertin.

Winterblues können in Beziehungen zu diesem Problem führen

Schmidt warnt, Winterblues beim Partner könnten schnell zu Missverständnissen führen. „Der andere Partner fühlt sich eventuell zurückgewiesen und fragt sich: ‚Möchte er oder sie keine Zeit mehr mit mir verbringen?“. Für die andere Person sei es schwierig, weil sie nicht wisse, ob es an ihr liegt, ob der Partner vielleicht keine Lust auf sie hat. „Darum ist es wichtig, ehrlich kommunizieren und zu sagen, was in dem Moment in einem vorgeht. Ein Satz, wie: ‚Ich fühle mich schlapp, total erledigt‘, kann bereits viel helfen“, sagt die Paartherapeutin.

Bis zu einem gewissen Punkt sei es normal, dass Menschen im Winter weniger Motivation haben, etwas zu unternehmen. Doch wenn man sich keine positiven Erlebnisse schaffe, dann sei es sehr schwierig, wieder Lust auf Aktivitäten zu bekommen. „Die gesamte Chemie im Gehirn stellt sich um und es wird weniger Serotonin, ein wichtiges Glückshormon, produziert“, erläutert die Expertin. Symptome von Serotoninmangel sind oftmals Müdigkeit, Kopfschmerzen und gedrückte Stimmung – ein Teufelskreis.

Paartherapeutin und Psychologin Svea Schmidt
Paartherapeutin und Psychologin Svea Schmidt sagt, dass Winterblues in Beziehungen schnell zu Missverständnissen führen können. © privat | Jullmua

Beziehungen im Winter: Das können Paare gegen schlechte Stimmung tun

Viele werden es kennen: Der eine Partner lässt sich vom Winter kaum beeindrucken – dann wird eben eine wärmende Suppe gekocht oder ein Saunabesuch eingeplant. Der andere kommt morgens kaum aus dem Bett, schläft vor dem Fernseher ein – ist mürrisch und ausgelaugt. Womöglich kommt es zu mehr Streit. „Beobachtet man Winterblues bei seinem Partner“, führt die Psychologin aus, „kann man ihn darauf ansprechen und offen fragen: ‚Geht es dir eigentlich okay? Mir fällt auf, dass du in letzter Zeit nicht mehr so gerne etwas mit mir unternehmen willst.‘“

Der Partner, der gerne rausgehen wollte und nun traurig ist, dass das nicht klappt, könne offen seine Enttäuschung äußern. Solange er bei seinen eigenen Gefühlen bleibe und diese kommuniziere, könne das von dem anderen kaum als Angriff auf sich selbst gewertet werden.

Senior couple feeling the cold in her home
Will der eine Partner im Winter weiterhin ausgehen und viel unternehmen und der andere nicht, dann ist ein klärendes Gespräch zwischen beiden wichtig. © iStock | Nenad Cavoski

Darüber hinaus ist es der Psychologin nach wichtig, sich in einer guten Partnerschaft gegenseitig zu unterstützen. Schmidt betont: „Ich finde es zwar nicht richtig, wenn Partner sich verantwortlich fühlen, obwohl der andere eigentlich professionelle psychische Hilfe benötigt, aber manchmal ist es sehr hilfreich, sich als Paar neue gemeinsame Routinen aufzubauen.“ Auch im Winter ließen sich Aktivitäten planen, die drinnen Spaß machen und eine positive Atmosphäre schaffen können.

Paartherapeutin gibt Tipps gegen Winterblues: „Das stärkt die Beziehung“

Winter bedeutet immer auch eine Menge Feiertage, ein Fest jagt das nächste. Schmidt zufolge kann es schön sein, sich neben Weihnachten und Co. als Paar eigene Traditionen zu schaffen. Man könne den Partner zum Beispiel fragen: ‚Was ist dein Lieblingsessen? Lass uns das jeden Winter zusammen kochen.‘ „Solche Rituale stärken die Beziehung“, empfiehlt die Expertin. Sie rät dabei zu Kompromissen: „Vielleicht planen Paare eine aktive Unternehmung – gefolgt von einer gemütlichen Stunde auf dem Sofa.“

Die Therapeutin nennt ein paar Ideen, die die Beziehung trotz Winterblues stärken:

  • Wellness-Wochenende einplanen
  • Brettspiele spielen
  • Vor dem Fernseher entspannen
  • Ins Kino, Museum oder Theater gehen

Doch Winter muss nicht nur schlechte Stimmung bedeuten: „Wenn beide Partner aktiv daran arbeiten, sich Zeit füreinander zu nehmen, kann die Winterzeit auch viel Positives zu einer Beziehung beitragen“, bekräftigt die Psychologin. Das liegt Schmidt zufolge daran, dass wir mehr Möglichkeiten haben, uns auf unseren Partner zu fokussieren – einfach, weil mehr Zeit vorhanden sei. Es fänden weniger Veranstaltungen und Verabredungen draußen statt. „Das ermöglicht es Paaren, sich vollkommen auf ihre Beziehung zu konzentrieren und mehr Intimität und Nähe reinzubringen“, fasst Schmidt zusammen.

Paare könnten darüber hinaus die gemeinsame Zeit zuhause nutzen, um das vergangene Jahr zu reflektieren und Pläne für das kommende Jahr zu schmieden. Das stärke die Verbindung und mache Vorfreude auf Neues.

Beziehungen im Winter – mit diesem Trick Winterblues vermeiden

Ein weiterer Tipp der Psychologin: sich als Paar Gedanken über gemeinsame Pläne machen, bevor der Winterblues einsetzt. Wer bereits wisse, dass es einem bei Kälte und Dunkelheit schlecht geht, könne vorher überlegen, was helfen könnte. Der Grund: „Wer bereits im Winterblues steckt, hat oftmals kaum bis keinen Zugriff mehr auf positive Gefühle“, mahnt Schmidt. Stehe bereits etwas im gemeinsamen Kalender, mache es das direkt viel leichter. Beispielsweise könnten Paare die Karten fürs Theater oder Museum bereits im Vorfeld kaufen.

Folgten Paare dann den Plänen, hätten sie immer mal wieder kleine Erfolgserlebnisse und Glücksmomente. Dass Vorfreude sogar noch mehr kann, als nur für positive Gefühle zu sorgen, zeigt eine Studie eines britischen Forschungsteams aus 2015. Demnach kann Erwartung eines Ereignisses nicht nur negative Emotionen verringern sondern auch gegen Stress helfen.

So oder so kann man seinen Partner natürlich zu nichts überreden. Schmidt betont abschließend: „Wenn ein Partner partout nicht rausgehen möchte, sollte man das akzeptieren, aber trotzdem sein eigenes Leben gestalten – ich finde Selbstfürsorge ganz wichtig, insbesondere im Winter.“