Berlin. Sie sind sehr eifersüchtig? Warum das mit ihren Genen zu tun hat – und wie es ohne Eifersucht geht. Ein Experte spricht Klartext.

  • Eifersucht kommt in vielen Beziehungen vor – vor allem, wenn der Partner oder die Partnerin Sex mit anderen hat
  • Wie stark die Eifersucht ist, liegt auch an den Genen
  • Ein Experte Erklärt den Hintergrund

Egal ob offene Beziehung oder Seitensprung: Wenn der Partner mit jemand anderem schläft und das kein Geheimnis ist, kommt es bei den meisten Paaren zu Eifersucht. Aber eben nicht bei allen. Warum manche Menschen weniger bis keine Eifersucht empfinden, erklärt Christian Roesler, Psychologischer Psychotherapeut mit Fokus auf Beziehungen. Roesler lehrt Klinische Psychologie an der Katholischen Hochschule Freiburg sowie Analytische Psychologie an der Universität Basel.

Eine Umfrage der Dating-App Parship aus dem Jahr 2021 zeigt: Rund jede beziehungsweise jeder fünfte Deutsche hat seinen Partner oder seine Partnerin schon einmal betrogen. 16 Prozent gaben an, bereits einen oder mehrere One-Night-Stands gehabt zu haben. Eine oder mehrere Affären, obwohl man selbst vergeben ist, hatten laut der Befragung sieben Prozent schon einmal. Eine Affäre wird allgemein als wiederholtes Fremdgehen mit derselben Person definiert – eine große Herausforderung für viele Beziehungen.

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Experte erklärt: Eifersucht ist erblich

Roesler erklärt, warum Sex außerhalb der Beziehung so gefährlich sein kann: „Es gibt offensichtlich eine Besorgnis darüber, dass die Außenbeziehung der Hauptbeziehung schadet“, erklärt er. „Und das ist absolut berechtigt. Das zerstörerische Potenzial ist hoch. Und etwa 95 Prozent der Menschen reagieren mit sehr starken und schmerzhaften Eifersuchtsgefühlen auf eine Außenbeziehung. Denn Eifersucht ist biologisch angelegt. Nur bei rund fünf Prozent aller Menschen ist das anders.“

Ein Mann und eine Frau liegen nebeneinander leicht bekleidet im Bett. Die Frau legt ihren Zeigenfinder an ihre Lippen und bedeutet dem Mann, still zu sein.
Hat der Partner Sex mit anderen, kann das die Beziehung belasten. Doch nicht jeder ist eifersüchtig. © iStock | LuckyBusiness

In der Wissenschaft nennt man das Soziosexualität, also die Fähigkeit, mehrere intime Beziehungen parallel gleichzeitig nebeneinander zu haben – ohne Eifersucht. Laut aktueller Forschung scheint die Neigung, den Partner in Liebesbeziehungen durch eine Affäre zu betrügen, dabei von bestimmten Genvarianten abhängig zu sein – also eine gewisse Erblichkeit zu haben. Roesler erklärt weiter: „Nur für diese kleine Gruppe von weltweit rund fünf Prozent der Menschen kann ein offenes Beziehungsmodell funktionieren.“

Doch was bedeutet das mit Blick aufs Fremdgehen und offene Beziehungen? Roeslers sagt, es gebe verschiedene Möglichkeiten, von einer Affäre zu erzählen – oder eben auch nicht. „Es gibt natürlich die geheime Affäre, die moralisch zwar verwerflich sein mag. Aber den Vorteil hat, dass man die Hauptbeziehung schützt, nach dem Motto ‚Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß‘.“

Wie kann offene Beziehung gelingen? Experte hat klare Meinung

Eine andere Strategie sei laut dem Psychologen das sogenannte konsensuelle Nichtwissen. Beide vereinbaren eine offene Beziehung, aber verraten keine Details. Roesler erklärt: „Hier hält man die Außenbeziehung weitestgehend aus der Hauptbeziehung raus – das finde ich eine relativ reife Entscheidung. Allerdings schwebt dafür die permanente Atmosphäre des Verdachts über der Beziehung, dass man sich mit jemand anderem trifft, sobald man nicht mit der Hauptbeziehung zusammen ist. Und manchmal können Fantasien quälender sein als die Wirklichkeit.“

Roesler selbst hält eine offene Beziehung für den Großteil der Menschen daher für „kein lebbares Modell, weil die angeborenen Eifersuchtsgefühle einfach zu stark sind“. Wer sich dennoch dafür entscheide, brauche eine Menge Selbstreflexion – und professionelle Beratung. Gemeinsam mit Kollegen hat Roesler die kostenlose Webseite www.lotsenportal.de entwickelt. Hier können Paare, egal ob in offener oder monogamer Beziehung, Hilfestellung bei der Reflexion und Beziehungsarbeit bekommen. „In Beziehungen ist schließlich nichts in Stein gemeißelt. Es bedeutet ja nicht, nur weil man sich einmal für eine offene Beziehung entschieden hat, dass das auch für immer so bleiben muss.“