Berlin/Pforzen. Forscher machten einen spektakulären Fund. Sie entdeckten Zähne des Urahnen eines asiatischen Bären – in einer Tongrube in Bayern.
Die ältesten Verwandten eines besonders süßen asiatischen Bären haben sich einst auch bei uns in Deutschland heimisch gefühlt. Das hat ein Forschungsteam der Universität Tübingen jetzt herausgefunden. In der Grabungsstätte „Hammerschmiede“, einer Tongrube im Allgäu, fanden sie Überreste des Urzeit-Tiers – und konnten sogar spannende Rückschlüsse auf dessen Ernährung ziehen.
Die Hammerschmiede in Pforzen im Ost-Allgäu ist bekannt für ihre spektakulären Fossilien-Funde. So wurden dort vor fünf Jahren die Teile des Skeletts eines Menschenaffen gefunden. „Udo“, wie er genannt wurde, soll vor rund 11,6 Millionen Jahren gelebt haben. Der Fund hatte die Annahmen zur Entwicklung des aufrechten Gangs infrage gestellt und wurde als „missing link der menschlichen Evolution“ bezeichnet.
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Jetzt folgte eine weitere spannende Entdeckung: Zähne eines Pandabären, der vor 11,5 Millionen Jahren in Deutschland lebte. Es handelt sich um einen urzeitlichen Verwandten des heutigen Großen Pandas: den „Kretzoiarctos beatrix“. Es ist das erste Mal, dass Überreste dieser Art außerhalb Spaniens gefunden wurden. Das zeigt, dass sich diese urzeitlichen Pandas viel weiter verbreiteten, als man bisher dachte – nämlich bis nach Mitteleuropa.
Neues Puzzle-Teil der Panda-Evolution: So sah der Urzeit-Panda aus
Obwohl der Urzeit-Panda „Kretzoiarctos beatrix“ ein Vorfahre unseres heutigen Großen Pandas ist, unterschied er sich doch stark von den schwarz-weißen Bären, die wir sie etwa aus Zoos und Dokumentationen kennen. Er war deutlich kleiner, Form und Gestalt seiner Zähne weisen jedoch Ähnlichkeiten mit denen des chinesischen Bären aufweist. Dieser Erkenntnis half den Archäologinnen und Archäologen, mehr über seine Lebensweise herauszufinden.
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Im Gegensatz zu den heutigen Pandas, die fast ausschließlich Bambus fressen, hatte dieser urzeitliche Panda demnach offenbar einen vielseitigeren Speiseplan. Aber wie haben die Wissenschaftler das alles herausgefunden? Sie untersuchten die feinen Abnutzungsspuren auf den gefundenen Zähnen. Diese Abnutzungsspuren haben ihnen verraten, worauf das Tier in der Zeit kurz vor seinem Tod herumgekaut hat.
So fand das Forschungsteam heraus, dass der Ur-Panda nicht nur Pflanzen, sondern auch Fleisch gegessen hat. Die Ernährung glich also eher der pflanzlich-tierischen Mischkost, der heutigen Braunbären, die Allesfresser sind. Das berichtet das Team aus Forschenden aus Hamburg, Frankfurt, Madrid und Valencia unter der Leitung von Madelaine Böhme vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen im Fachmagazin „Papers in Paleontology“.
Tongrube „Hammerschmiede“ wahre Schatzkiste für Paleontologen
„Die heutigen Großen Pandas gehören in der zoologischen Systematik zu den Fleischfressern. Tatsächlich ernähren sie sich aber ausschließlich von Pflanzen. Sie haben sich auf harte pflanzliche Nahrung, insbesondere Bambus spezialisiert“, berichtet Erstautor Nikolaos Kargopoulos. Die neuen Erkenntnisse über ihre evolutionäre Abstammung seien von besonderem Interesse, um zu verstehen, was zu dieser doch sehr spezialisierten Nischen-Ernährung geführt habe. Der Fund des „Kretzoiarctos beatrix“ in Bayern ist also ein wichtiges Puzzleteil, das dabei hilft, die Entwicklung des heutigen Pandabären vom Allesfresser zum spezialisierten Bambusfresser besser zu verstehen.
Insgesamt wurden in der Tongrube „Hammerschiede“ bereits Überreste von 166 fossilen Tierarten gefunden und laut der Uni Tübingen über 15.000 Fossilien geborgen, seit 2011 mit den Grabungen begonnen wurde. Neben zwei Affenarten fanden die Forscherinnen und Forscher unter anderem Überreste von Nashörnern, Waldpferden, Schweine, Hirschen, Hyänen, Säbelzahnkatzen und nun erstmals auch eines Bären: dem Panda. Viele der entdeckten Tiere hätten sowohl im Wasser als auch an Land gelebt oder eine kletternde Lebensweise gehabt, erklärt Forscherin Böhme. „So konnten sie sich an den bewaldeten Fluss anpassen, der zu jener Zeit in der Region vorhanden war“, sagt die Forscherin.
Was das Team ebenfalls fasziniert: Unter den 166 gefunden Tierarten waren insgesamt 28 Raubtiere, wie die Forscher in einer zweiten Studie, veröffentlicht im Fachmagazin „Geobios“ berichten. „Eine derart vielfältige Raubtierpopulation ist nicht nur fossil äußerst selten; es gibt wohl auch kaum einen modernen Lebensraum mit ähnlich vielen Arten“, sagt Böhme. Diese Artenvielfalt an der Spitze der Nahrungskette zeige, dass das Ökosystem der Hammerschmiede sehr gut funktioniert haben muss.
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