Berlin. Die 5 Phasen einer Affäre: Warum das Fremdgehen oft nach einem ähnlichen Muster abläuft und was das für die Beziehung bedeutet.
- Fast alle Affären durchlaufen dieselben emotionalen Phasen – von harmloser Freundschaft bis zum bewussten Fremdgehen
- Jede Phase vertieft die Bindung zur Affäre und belastet die bestehende Beziehung immer stärker
- Am Schluss steht für alle Beteiligten die Frage: Trennung, Neuanfang – oder das Ende der Affäre?
In Beziehungen wird wohl kaum ein Thema so leidenschaftlich und intensiv diskutiert wie die Treue – beziehungsweise die Untreue. Diese scheint allgegenwärtig zu sein. Nicht ohne Grund formuliert Esther Perel, die bekannte belgische Paartherapeutin aus New York, bei diesem Thema sehr klar: „Untreue existiert so lange wie die Ehe selbst.“
Aber wie kommt es zur Untreue? Paartherapeuten beschäftigen sich seit langem mit dieser Frage und kommen zu dem Schluss, dass die meisten Affären einem ähnlichen Muster folgen.
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Was ist eine Affäre?
Eine Affäre unterscheidet sich deutlich von einem One-Night-Stand, erklärt die Berliner Paartherapeutin und Life-Coach Gabriele Scharf-Zentek. Bei einem One-Night-Stand bleibe es in der Regel – wie der Name schon sagt – bei einem meist einmaligen sexuellen Kontakt. Dieser entstehe oft spontan und sei, wie Scharf-Zentek es beschreibt, ein „schneller Kick ohne tiefere emotionale Verstrickungen“.
Eine Affäre hingegen zeige von Anfang an eine Entwicklung. „Sie zeichnet sich durch Heimlichkeit, erotische Spannung und emotionale Beteiligung aus – Faktoren, die sich erst mit der Zeit und nicht von heute auf morgen entwickeln“, so die Expertin. Eine Affäre dauere daher länger und sei von intensiveren emotionalen und sexuellen Bindungen geprägt.
Affären entstehen in den meisten Fällen aus einer Konstellation, in der eine dritte Person in eine bestehende Beziehung eindringt. So entstehe die Dreiecksbeziehung, die bereits als Vorlage für zahlreiche Serien und Hollywoodfilme gedient habe. Allerdings, so Scharf-Zentek, müsse der oder die „Dritte im Bunde“ nicht immer eine einzelne Person sein. Es könne sich auch um mehrere Personen handeln, die gleichzeitig eine sexuelle Beziehung haben.
Welche Phasen durchläuft eine Affäre?
Verlauf und Entwicklung einer außerehelichen Beziehung können individuell sehr unterschiedlich sein, erklärt die Paartherapeutin. Eine Affäre könne sich zum Beispiel aus einer langjährigen Freundschaft oder einer langjährigen Zusammenarbeit mit einem Arbeitskollegen oder einer Arbeitskollegin entwickeln. Sie könne aber auch aus einer einmaligen Begegnung in einem Club oder einer Bar entstehen. Gemeinsam sei den meisten Affären jedoch, dass sie fünf Phasen durchlaufen, an deren Ende jeweils die Entscheidung steht, weiterzumachen oder nicht, so Scharf-Zentek.
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1. Phase einer Affäre: Das Verheimlichen eines „harmlosen Kontakts“
Unabhängig davon, wie sich die Beteiligten kennen lernen, setzt eine Affäre gegenseitige Attraktivität voraus, meint Scharf-Zentek. „Zwei Menschen verstehen sich gut, finden sich anziehend, führen möglicherweise tiefgründige Gespräche, lachen zusammen und genießen eine besondere Leichtigkeit miteinander. Ohne dass es zu körperlichen Berührungen kommen muss, kommen sie sich emotional näher.“
Nach außen hin rechtfertigen die Betroffenen laut Scharf-Zentek ihre beginnende Affäre oft genau damit: Es sei schließlich nichts passiert, es habe auch keinen Körperkontakt gegeben. Doch hier stelle sich die entscheidende Frage: Warum erzählen die Betroffenen ihrem Partner nichts davon? Warum verschweigen sie das Treffen mit der vermeintlich besten Freundin? „In dem Moment, in dem der Kontakt zu einer außenstehenden Person verheimlicht wird, wird aus einem ‚harmlosen‘ Kontakt eine Affäre“, erklärt die Expertin.
2. Phase einer Affäre: Die Vertiefung und Annäherung
In der zweiten Phase richtet sich die Aufmerksamkeit immer mehr auf die Affäre als auf den eigentlichen Partner, beobachtet Paartherapeutin Scharf-Zentek. „Der oder die andere Person ist der erste Gedanke am Morgen und der letzte am Abend“, erklärt die Expertin. Auch die Zeit, die der oder die Dritte im Bunde für sich beansprucht, nehme zu: Aus einem gemeinsamen Mittagessen werde ein Essen an drei Tagen in der Woche. Spätestens jetzt würden auch die Nummern ausgetauscht und unzählige Nachrichten geschrieben oder Telefonate geführt.
Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, würden Betroffene auch in dieser Phase zu Rechtfertigungsfloskeln greifen: Als Beispiele nennt Scharf-Zentek Sätze wie „Wir sind doch nur Freunde“ oder „Ich amüsiere mich mit meinen Kollegen“. Doch die Expertin warnt: „In diesem Stadium handelt es sich nicht mehr nur um einen Flirt, sondern um eine emotionale Affäre“.
Das zeige sich vor allem daran, dass die Betroffenen noch zögerten, ihre emotionale Doppelbindung zu offenbaren. Nicht mehr das rationale „Großhirn“, so Scharf-Zentek, sondern das emotionale „Reptiliengehirn“ sei aktiv, das von Lust und Trieben geleitet werde und weniger vom Verstand. Der dabei entstehende Cocktail an Botenstoffen löse Hoch- und Glücksgefühle aus, wie sie frisch Verliebte kennen und die die Betroffenen nicht mehr missen möchten.
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3. Phase einer Affäre: Die rote Linie wird überschritten
In der dritten Phase wird die rote Linie überschritten und aus einer emotionalen Affäre wird eine körperliche, beschreibt Scharf-Zentek. Eine erotische Berührung, ein inniger Kuss und in den meisten Fällen früher oder später Sex. „Die erotische Spannung ist in dieser Phase extrem hoch, ein schwacher Moment genügt, um das Großhirn auszuschalten und dem Reptiliengehirn freien Lauf zu lassen“, erklärt die Expertin.
Die betroffenen Paare lassen sich dann von einem Strudel aus Lust und Neugier mitreißen und überschreiten ihre bisherigen Grenzen, sofern diese überhaupt definiert waren, meint Scharf-Zentek. Denn, so die Paartherapeutin, jedes Paar definiere seine Grenzen anders: „Manchmal zieht nur ein Partner die rote Linie, manchmal beide, und auch wo die rote Linie verläuft, ist von Paar zu Paar unterschiedlich.“ Zudem würden die Beteiligten die rote Linie in den meisten Fällen erst erkennen, wenn sie bereits überschritten sei. Am Anfang einer Beziehung werde selten über solche Werte gesprochen.
Mit dem Überschreiten werde auch das Lügenkonstrukt immer weiter ausgebaut, beobachtet die Paartherapeutin und erklärt: „Die Betroffenen haben ein Bedürfnis erfüllt bekommen, das vorher unerfüllt blieb, und wollen diesen Zustand nun erhalten. Gleichzeitig wollen sie aber den festen Partner mit der Wahrheit nicht verletzen und Konflikte vermeiden.“ Die Zeit für die heimlichen Treffen werde dann mit Überstunden, Dienstreisen, neuen Hobbys oder Verabredungen mit Freunden begründet – alles, was die Abwesenheit plausibel erkläre, werde genutzt. Nachfragen hingegen würde meist ausgewichen. Laut der Expertin reagieren die Befragten manchmal sogar genervt bis aggressiv, wenn sie sich ertappt fühlen.
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4. Phase einer Affäre: Das Auffliegen der anderen Beziehung
Doch auch ein ausgeklügeltes Lügengebäude hält nicht immer ewig. Scharf-Zentek zufolge fliegen die meisten Affären irgendwann auf. Denn im Gegensatz zu One-Night-Stands, die meistens einmalig sind und selten tiefere Emotionen beinhalten, würden Affären, egal ob rein emotional oder körperlich, immer viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen und damit auch eine größere Gefahr für Nachlässigkeiten bergen.
Die Paartherapeutin weist jedoch darauf hin, dass nicht alle Affären ans Licht kommen. „Es gibt auch sehr rational denkende Fremdgeher, die ihr Verhalten nach außen nicht ändern und so über Wochen, Monate oder sogar Jahre ein Doppelleben führen können – gegenüber dem ahnungslosen Partner und manchmal auch gegenüber der Affäre, die unter Umständen nichts von der anderen bestehenden Beziehung weiß“, so Scharf-Zentek.
Und die Folgen? „Viele haben den Seitensprung vielleicht schon geahnt und wollten es nicht wahrhaben, aus Selbstschutz, damit ihre Liebeswelt nicht zusammenbricht“, sagt die Paartherapeutin. „Aber jetzt haben sie es schwarz auf weiß, dass die Affäre stattgefunden hat, und die Welt bricht tatsächlich zusammen. “ In der Folge würden die Betrogenen ein Gefühlschaos erleben: Von Liebe über Verzweiflung und Wut bis hin zu unermesslicher Trauer und Angst.
„Bei längeren Affären kann der Betrogene auch an seiner eigenen Wahrnehmung zweifeln, weil er oder sie sich das Zusammenleben mit dem Partner in diesem Zeitraum anders vorgestellt hat, als es tatsächlich der Fall war“, so Scharf-Zentek. Oft komme es dann vor, dass Betroffene ihren Partner oder ihre Partnerin nach jedem Detail der Affäre fragen, um die eigene Geschichte der vergangenen Zeit zu korrigieren.
Auch wer fremdgegangen ist, habe es nicht leichter, sagt die Paartherapeutin. In den meisten Fällen entwickle der Betroffene starke Schuldgefühle und müsse die endlosen Fragen des betrogenen Partners ertragen. Auch Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten seitens des Betrogenen seien in dieser Phase keine Seltenheit. Schließlich handele es sich um eine Ausnahmesituation. „Da ist das Reptiliengehirn im Kampfmodus, um das eigene Selbstwertgefühl wieder aufzubauen“, erklärt die Paartherapeutin.
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5. Phase einer Affäre: Die Entscheidung, wie das Paar nun weiter macht
Plötzlich scheint das Undenkbare möglich: die Trennung. Je nachdem, ob noch Kinder da sind oder nicht, könne diese letzte Phase extrem belastend sein, sagt Scharf-Zentek. Um diese Zeit dennoch zu überstehen, sei es wichtig, sich als Paar zunächst klar zu machen, dass die Krise für den Betrogenen zwar eine Katastrophe, für die Beziehung aber auch ein Aufbruch sein kann. „Manche Paare stellen sich nach einem solchen Ereignis vielleicht zum ersten Mal die Frage: Was ist uns im Leben wichtig und was hat mein Partner jahrelang vermisst, was die Affäre vielleicht zu ersetzen versucht hat“, so die Expertin.
Das bedeute aber auch, dass sich der Doppeltgebundene entscheiden müsse: Folgt er dem Wunsch der Affäre, sich endlich vom Partner oder der Partnerin zu trennen. Oder dem des Partners oder der Partnerin, die Affäre so schnell wie möglich zu beenden. In der Praxis beobachtet die Paartherapeutin, dass sich viele Betroffene nach dem Auffliegen der Affäre einen Neuanfang und Exklusivität mit dem bisherigen Partner wünschen, weil die Affäre keine Affäre mehr ist oder, wie Scharf-Zentek erklärt, „weil ihr wesentliches Merkmal, die Heimlichkeit, weggefallen ist“. Andere seien erleichtert, dass das zermürbende Versteckspiel endlich vorbei sei, weil sie sich von der oder dem Geliebten mehr angezogen oder verstanden fühlen als vom bisherigen Partner. Aber es gebe auch Fälle, in denen sich der oder die ehemals Doppeltgebundene von beiden Beziehungen trenne.
Der häufigste Fall ist jedoch, dass der Betrüger zu beiden Personen eine starke emotionale Bindung verspürt und keinen von beiden verlieren möchte, beobachtet Scharf-Zentek. Und dann? „Da braucht es Zeit und ein Abwägen des Doppeltgebundenen: Was ist mir wichtiger? Was bedeutet mir der jeweilige Partner?“, so die Expertin. Eine „richtige Lösung“ gebe es hier nicht. Schließlich würden nach dem Auffliegen einer Affäre beide geliebten Menschen verletzt zurückbleiben – egal, wie sich der Betrüger entscheidet. „Niemand gewinnt, auch der Betrüger nicht“, sagt Scharf-Zentek.
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