Berlin. Was tun, wenn die Attraktivität und die Lust auf den anderen Partner nachlassen? Kann man etwas dagegen tun? Ein Experte gibt Tipps.
- Mit der Dauer der Beziehung nimmt die sexuelle Anziehungskraft oft ab
- Vor allem Stress, Schüchternheit oder ein negatives Körperbild können die Leidenschaft blockieren
- Ein Experte verrät, wie Paare ihre Leidenschaft wieder entfachen können
Schönheit vergeht, Liebe währt ewig. Oder vergeht nicht beides mit der Zeit? Wenn das Kribbeln im Bauch einem Taubheitsgefühl in der Magengegend weicht, ist es mit der Leidenschaft meist auch vorbei. Was tun, wenn die Anziehungskraft für den Partner oder die Partnerin nachlässt? Ein Paartherapeut gibt Rat.
Beziehung: Was sind die Gründe für mangelnde sexuelle Anziehungskraft?
Irgendwie schleicht sie sich ein, die Lustlosigkeit. Dabei ist Lust zu Beginn einer Beziehung fast ein Selbstläufer: In der Euphorie der Verliebtheit können die meisten Paare kaum die Finger voneinander lassen. Doch laut Statistik schlafen heterosexuelle Paare bereits nach vier Jahren sieben Mal seltener miteinander als zu Beginn ihrer Beziehung. Das ergab eine repräsentative Langzeitstudie der Maximilians-Universität München, bei der mehr als 12.000 Menschen regelmäßig zu ihrem Beziehungsleben befragt wurden. Ein Problem?
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1. Sexuelle Anziehung hängt mit Hormonen zusammen
Nicht unbedingt, sagt Eric Hegmann, Paartherapeut und Mitgründer der eLearning Plattform „Modern Love School“ mit Onlinekursen rund um die Liebe. Der Paartherapeut aus Hamburg weiß aus der Arbeit mit Paaren, dass körperliche Anziehungskraft von vielen Faktoren abhängt. Einer davon sei rein biologisch. „Die Hormone verändern sich in Langzeitbeziehungen und jene, die nun produziert werden, lassen Menschen Sicherheit und Geborgenheit als etwas Schönes erleben“, erklärt Hegmann, „im Gegensatz zu denen zu Beginn der Liebe, in der Abenteuer, Risiken und Neues sich gut anfühlen.“
2. Lust kommt durch freien Kopf
Hinzu kommt: Für Intimität bräuchten viele Menschen auch einen freien Kopf, so der Paartherapeut. Hermann mag die Vorstellung von Sex als eine Art Gleichung: „Einer der vielen Faktoren für Lust ist, dass Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssen. Wenn sich die Hindernisse summieren, muss am Ende der Gleichung ein besonders gutes Erlebnis stehen, damit sich der Aufwand lohnt.“ Wenn dann noch die Schüchternheit des Partners oder der Partnerin hinzukomme, wenn mit Zurückweisung gerechnet werden müsse, wenn das eigene Körperbild schlecht sei, dann, so Hegmann, „steht schnell ein ganzer Berg auf der einen Seite der Gleichung“. So kann ein blockierter Kopf zum Grund dafür werden, dass es im Bett nicht mehr knistert.
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3. Grund für mangelnde Anziehungskraft: das Intimität-Lust-Paradoxon
Mangelnde Anziehungskraft bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt. Im Gegenteil: Es kann auch ein Zeichen für wachsende Intimität sein. Die Forschung hat für dieses Phänomen sogar einen eigenen Begriff geprägt: das „Intimität-Lust-Paradoxon“. Es besagt, dass die sexuelle Anziehung mit zunehmender Intimität abnimmt.
„Diese Beobachtung trifft auf sehr viele Paare zu, auf manche aber auch nicht“, sagt Hegmann. „Viele Menschen können sich nur mit viel Vertrauen fallen lassen. Andere finden neue Erfahrungen aufregender.“ Fakt sei aber, dass sexuelle Phantasien dann am stärksten sind, wenn sie auf noch „unentdecktem Terrain“ spielen können, so der Paartherapeut. Am Anfang sei noch alles möglich, aber durch das gemeinsame Erleben werde immer deutlicher, was nicht geht. „So wird der erotische Film im Kopf immer mehr zur Gewohnheit“, erklärt Hegmann.
4. Das sexuelle Verlangen kann sich verändern
Auch das eigene sexuelle Verlangen ist nicht immer gleich ausgeprägt, sondern kann sich verändern. So gehen Forscher des Instituts für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) davon aus, dass Sex zu Beginn einer Beziehung vor allem dazu dient, „Intimität und Stabilität“ herzustellen, wie die Forscherin Laura Pietras im Magazin „Geo“ zitiert wird. Im Laufe der Zeit würden Paare dann einen Grad an Nähe entwickeln, bei dem Sex als Bindemittel nicht mehr notwendig sei.
Dem stimmt Hegmann zu: „Sexualität verändert sich wie das Leben“. Nach der ersten Verliebtheit lasse oft auch die sexuelle Anziehungskraft nach, weil andere Prioritäten in der Beziehung in den Vordergrund rückten. Das können etwa Kinder, ein Haus oder die Karriere sein. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein: Laut Hegmann gebe es auch Paare, die im Laufe der Jahre mehr Vertrauen und Nähe zueinander entwickeln und erst dadurch ihre Sexualität vertiefen.
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Liebe und Sex: Wie lässt sich die Leidenschaft neu entfachen?
Bekannte Psychologen wie Esther Perell und Ulrich Clement sagen, um das Liebesfeuer wieder zu entfachen, sei es hilfreich, die „Fremdheit“ wiederherzustellen. Paare würden oft glauben, ihren Partner auswendig zu kennen. Tatsächlich wüssten die meisten aber weniger über den anderen, als sie glauben. Dem gelte es entgegenzuwirken, indem man sich der Unterschiede bewusst werde, für die die Gewohnheit blind gemacht habe, so die beiden Psychologen.
Clement schlägt dazu in seinem Buch „Guter Sex trotz Liebe“ einen Test vor: Beide Paare sollen ihre drei größten sexuellen Wünsche aufschreiben – und die vermuteten des Partners. Außerdem solle man verraten, wie gern oder ungern man die sexuellen Fantasien des Partners erfüllt. Die Überraschungen können laut Clement für Gesprächsstoff sorgen.
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Und dann? Hegmann empfiehlt, sich von den allseits bekannten „Frauenzeitschriften-Tipps“ zu lösen. Denn was diese Tipps alle gemeinsam haben, so der Paartherapeut: „Sie setzen die Menschen unter Druck und sagen: Das müsst ihr machen“. Doch niemand wolle „müssen“, niemand ändere sich nachhaltig, wenn er etwas tun müsse.
Erfolgreicher sei es, sich zu fragen: Was will ich? Was ist es mir wert, wieder Leidenschaft zu leben? Was ist das überhaupt für eine Leidenschaft? Was kann ich vielleicht noch lernen, erfahren, ausprobieren, um der sexuelle Mensch in meiner Beziehung zu werden, der ich sein will? „Denn dann hält Paare nichts mehr auf“, erklärt Hegmann.
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