München. Richter Manfred Götzl lehnt eine Ablösung des Verteidiger-Trios ab. Beate Zschäpe stellte allerdings neue Forderungen.

Der Prozess gegen die mutmaßliche Rechts-Terroristin Beate Zschäpe kann weitergehen. Im Verfahren gegen den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), Zschäpe und mögliche Unterstützer hat das Oberlandesgericht München die Entbindung der drei ursprünglichen Pflichtverteidiger von Zschäpe abgelehnt. Die Entscheidung fällte das Gericht am Montag nach einer mehrstündigen, immer wieder unterbrochenen Sitzung.

Im NSU-Prozess hatten die anfänglichen Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm um Ablösung gebeten. Rechtsanwalt Heer sagte, er sei sich darüber im Klaren, dass der Prozess damit neu begonnen werden müsste.

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl begründete seinen Beschluss mit der Bemerkung, Heer, Stahl und Sturm hätten ihren Wunsch auf Entpflichtung „nicht einmal in groben Umrissen“ konkretisiert. Daher habe er ihren Antrag „zur Sicherung des Verfahrens“ ablehnen müssen. Vorangegangen waren stundenlange Diskussionen und zahlreiche Unterbrechungen. Dabei ging es auch um Zschäpes Forderung nach einer neuen Sitzordnung im Saal und um die Schilderung zahlreicher Hintergrundgespräche zwischen Anwälten und Gericht vor der Berufung Manfred Grasels zum vierten Pflichtverteidiger. Götzl zitierte aus Gesprächsnotizen, die drei alten Anwälte hätten das kritisch gesehen.

Erst am späten Nachmittag rief das Gericht den einzigen für diesen Tag geladenen Zeugen auf, einen Jugendfreund Zschäpes, der bereits im April vernommen worden war und alle Fragen des Gerichts bereitwillig beantwortet hatte. Nach wenigen Fragen brach das Gericht seine Befragung aber wieder ab. Der Zeuge soll erneut geladen werden.

Die Zschäpe-Anwälte erhoben Vorwürfe gegen das Gericht. Eine „optimale Verteidigung“ sei nicht mehr möglich. „Ich habe Sie davor mehrfach gewarnt“, sagte Heer. An Richter Manfred Götzl gewandt rief er: „Die haben Sie in den Wind geschlagen.“

Zschäpe ließ über ihren neuen, erst vor kurzem bestellten vierten Anwalt Manfred Grasel mitteilen, dass sie den Anträgen von Heer, Stahl und Sturm „nicht entgegentreten will“. Heißt: Sie wäre froh, sie loszusein.

Die Chronologie im NSU-Fall Beate Zschäpe

4. November 2011

Nach einem missglückten Banküberfall werden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot in einem ausgebrannten Wohnwagen in Thüringen gefunden. Bei ihnen sind die Waffen zweier Polizisten, die 2007 in Heilbronn getötet beziehungsweise schwer verletzt wurden.

8. November

Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena.

11. November

Zum Polizistenmord von Heilbronn übernimmt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen. Es gibt offenbar Verbindungen zu den anderen Morden.

13. November

Der Bundesgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Zschäpe.

14. November

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fordert Aufklärung vom Verfassungsschutz. In mehreren Bundesländern kommen Pannen bei der Fahndung nach der Terrorgruppe ans Licht.

27. Januar 2012

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages nimmt in Berlin seine Arbeit auf.

28. Juni

Es wird bekannt, dass beim Verfassungsschutz Akten vernichtet wurden, nachdem die Terrorgruppe aufgeflogen war.

2. Juli

Nach den schweren Ermittlungspannen räumt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, seinen Posten.

8. November

Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Zschäpe.

6. Mai 2013

In München beginnt der Prozess gegen die Terrorgruppe NSU. Hauptangeklagte ist Beate Zschäpe.

22. August

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages legt seinen Abschlussbericht vor. Er wirft den Sicherheitsbehörden schwere Versäumnisse bei den Ermittlungen gegen die Terrorzelle vor.

16. Juli 2014

Beate Zschäpe gibt an, sie habe kein Vertrauen mehr in ihre Pflichtverteidiger. Doch wenige Tage später schmettert das Gericht ihren Antrag auf neue Anwälte ab.

20. Juli 2015

Zschäpes Verteidiger beantragen, von ihren Pflichtmandaten entbunden zu werden.

1/13

Richter Götzl verlas vor der Pause einen Antrag Zschäpes, den sie am Morgen abgegeben hatte. Darin forderte sie eine neue Sitzordnung im Saal und verlangte, so platziert zu werden, dass sie der Presse nicht das Gesicht zuwenden müsse, wenn sie sich mit Grasel bespreche. Ihr alter Anwalt Heer habe das abgelehnt. Das wies dieser empört zurück.

Der NSU-Prozess hatte am 6. Mai 2013 begonnen, der Montag war der 219. Verhandlungstag.