Auch Bundesrepublik sei „im Fokus“ von Islamisten. Razzia in Berlin. Soko in Hamburg

Berlin/Hamburg. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), sieht nach dem Anti-Terror-Einsatz mit zwei Toten in Belgien jetzt auch Deutschland als Ziel von Terroristen. „Wenn Frankreich und Belgien im Fokus stehen, dann müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass auch Deutschland im Fokus steht“, warnte der rheinland-pfälzische Innenminister. Mit Blick auf das dramatische Geschehen in der ostbelgischen Kleinstadt Verviers sagte er, auch ländliche Regionen in Deutschland könnten in das Fadenkreuz von Dschihadisten geraten. Besorgniserregend, so Lewentz, sei die steigende Zahl von Islamisten, die aus Deutschland in Richtung der Kriegsgebiete in Syrien und Irak ausreisen. Nach etwa 340 bekannten Fällen Anfang 2014 liege ihre Zahl jetzt bei rund 600. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ sind bei deutschen Sicherheitsbehörden Hinweise auf mögliche Terroranschläge eingegangen, die mutmaßliche Ziele in Deutschland benennen. Genannt wurden die Hauptbahnhöfe in Berlin und Dresden.

Bei einem Großeinsatz gegen gewaltbereite Islamisten in Berlin nahm die Polizei am Freitag zwei Terrorverdächtige fest. Die beiden Türken sollen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt und eine „schwere staatsgefährdende Gewalttat in Syrien“ vorbereitet haben, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Freitag mit. Elf Wohnungen wurden durchsucht. Die 41 und 43 Jahre alten Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft haben sie Kämpfer rekrutiert, fanatisiert und bei der Ausreise nach Syrien unterstützt.

Einer der Verhafteten, Ismet D., 41, wollte laut Polizei unmittelbar ausreisen, vermutlich ins türkisch-syrische Grenzgebiet. Er habe als selbst ernannter „Emir“ eine Islamistengruppe mit Türken und russischen Staatsangehörigen tschetschenischer und dagestanischer Herkunft angeführt. Zudem soll er 30 Personen mit „Islamunterricht“ in einem Berliner Moschee-Verein radikalisiert und auf den Kampf gegen „Ungläubige“ im syrischen Bürgerkriegsgebiet vorbereitet haben.

Ein Polizeisprecher sagte, es gebe keine Hinweise, dass die Berliner Festgenommenen auch in Deutschland einen Anschlag geplant haben. Ein Zusammenhang mit den Terrortaten von Paris sei ebenfalls nicht erkennbar.

Am Freitag erließ der Bundesgerichtshof Haftbefehl gegen einen 26-Jährigen, der in Wolfsburg festgenommen worden war. Der Deutschtunesier soll sich dem IS in Syrien angeschlossen haben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Berlin: „Die deutschen Sicherheitsbehörden unternehmen alles, um die Bevölkerung wirksam zu schützen.“

Die beiden bei dem Feuergefecht in Belgien getöteten Islamisten hatten offenbar einen größeren Anschlag geplant. „Die Gruppe wollte Polizisten auf der Straße oder in Kommissariaten töten“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Beamten sollen durch abgehörte Telefonate auf die Spur der Islamisten gekommen.

In Hamburg hat die Polizei nach dem Brandanschlag auf die „Hamburger Morgenpost“ eine 30-köpfige Sonderkommission gebildet, um die Tat aufzuklären. Die Ermittler sollen auch die allgemeine Gefährdungslage in Hamburg analysieren.