Bei der ersten Montagsdemo seit dem Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“ wollen auch Pegida-Anhänger um die Opfer trauern. Politiker Özdemir findet das „abenteuerlich“. In Leipzig gibt es ein spezielles Karikaturverbot.

Dresden/Berlin. Anhänger der anti-islamischen Pegida-Bewegung wollen am Montag wieder bundesweit auf die Straße gehen – erstmals nach den Terroranschlägen von Paris. In Dresden, wo die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) vor einer Woche 18.000 Menschen mobilisierten, sowie in vielen anderen Städten sind Gegenaktionen geplant. Dabei wollen Bürger für Weltoffenheit eintreten und dagegen protestieren, Terror islamistischer Extremisten gegen Zuwanderer und gegen den Islam zu instrumentalisieren. Anti-Pegida-Demos sind unter anderem in Hannover, Düsseldorf, Schwerin, Hamburg, München und Berlin geplant.

In Dresden wollen die Pegida-Anhänger wegen der Terroropfer von Paris mit Trauerflor aufmarschieren. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) reagierte auf die entsprechende Ankündigung mit Empörung und forderte die Pegida-Organisatoren auf, ihre Demonstration abzusagen. „Die Opfer haben es nicht verdient, von solchen Hetzern missbraucht zu werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Montag).

Auch Cem Özdemir reagierte mit Kritik. Dass ausgerechnet diese Bewegung, die bei ihren Veranstaltung regelmäßig über „die Lügenpresse“ rede, jetzt die Karikaturisten von „Charlie Hebdo“ ehren wolle, sei „geradezu abenteuerlich“, sagte der Co-Vorsitzende der Grünen am Montag dem Nachrichtensender n-tv.

Die Alternative für Deutschland (AfD) stellte sich erneut schützend vor die Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida). Die Vorsitzende der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag, Frauke Petry, sagte dem Fernsehsender Phoenix: „Ihnen per se zu unterstellen, sie seien fremdenfeindlich und rassistisch, halte ich für nicht legitim.“

Die AfD hatte vergangene Woche alle anderen Parteien aufgefordert, gemeinsam mit ihnen und Pegida an diesem Montagabend in Dresden schweigend und mit Trauerflor gegen den islamistischen Terror von Paris zu demonstrieren. Auf diesen Aufruf hatte jedoch keine Partei reagiert. Die AfD erklärte ihrerseits, sie sei von SPD-Chef Sigmar Gabriel nicht zu der von ihm angeregten Kundgebung gegen den Terror eingeladen worden.

Seehofer fordert vorläufigen Pegida-Stopp

CSU-Chef Horst Seehofer forderte, die allwöchentlichen Pegida-Aktionen bis auf weiters auszusetzen. „Ich möchte die Verantwortlichen (...) auffordern, dass sie jetzt, wo die ganze Welt trauert und schockiert ist über die Vorgänge in Paris, auf absehbare Zeit ihre Demonstrationen absagt“, sagte er in der ARD. Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière der Pegida-Bewegung vorgeworfen, die Terroranschläge von Paris politisch zu missbrauchen.

Französische und frankophone Karikaturisten veröffentlichten am Sonntag ein Flugblatt mit dem Titel „Pegida, verschwinde!“. „Wir lehnen es ab, dass Pegida das Gedenken an unsere Kollegen vereinnahmen will“, sagte ein Mitorganisator. Pegida stehe für all das, was die ermordeten Kollegen der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ durch ihr Werk bekämpft hätten. „Wir, die französischen und frankophonen Zeichner, sind entsetzt über die Ermordung unserer Freunde. Und wir sind angewidert, dass rechte Kräfte versuchen, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren“, heißt es in dem Flugblatt.

Karikatur-Verbot in Leipzig

In Leipzig, wo Tausende zu mehreren Gegendemos gegen den ersten Legida-Aufmarsch erwartet werden, traf die Stadtverwaltung im Lichte des Terrors von Paris eine umstrittene Entscheidung. Sie erließ eine Auflage, wonach Legida keine Mohammed-Karikaturen zeigen dürfe. „Nach Paris muss man davon ausgehen, dass die Mohammed-Karikaturen eine Provokation sind“, sagte ein Stadtsprecher. Ziel sei ein friedlicher Verlauf der Demonstration. Ein FDP-Stadtrat kritisierte das Verbot als Zensur und unzulässige Einschränkung der freien Meinungsäußerung.

Pegida macht in Dresden seit Wochen gegen die angebliche „Überfremdung“ Deutschlands durch Zuwanderer mobil. Inzwischen gibt es ähnliche Initiativen in vielen Teilen Deutschland, die jedoch weniger Zuspruch finden. Bei einer von Landesregierung und Stadt initiierten Kundgebung in Dresden bekannten sich am Sonnabend 35.000 Menschen zu Weltoffenheit.

Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Montag), die Pegida-Demonstrationen zeigten „ein falsches Bild“ von Deutschland. „Wir brauchen Zuwanderung für unseren Arbeitsmarkt, damit unsere Sozialsysteme auch künftig funktionieren können, da wir eine abnehmende Erwerbsbevölkerung haben. Und die allermeisten Zuwanderer integrieren sich sehr wohl.“