Am Sonntag kürt die SPD in Hannover offiziell den Kanzlerkandidaten. Der nennt seinen Auftritt einen „der wichtigsten Tage“ seines Lebens.
Hannover. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will das Thema Gerechtigkeit in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes rücken. Dieses Thema und das Zusammenführen der Gesellschaft werde eine zentrale Rolle spielen, sagte er am Samstag nach einer SPD-Vorstandssitzung in Hannover.
Am Sonntag soll der 65-Jährige auf einem Parteitag offiziell zum Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gekürt werden. Nach Steinbrücks Worten ist der Auftritt vor den 600 Delegierten „einer der wichtigsten Tage“ seines Lebens. Er habe sich auf seine Rede gut vorbereitet und fühle sich entspannt.
SPD-Chef Sigmar Gabriel erwartet ein „großartiges“ Wahlergebnis für Steinbrück. Auch der Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, rechnete damit, beugte mit Blick auf Merkels Rund-97-Prozent-Ergebnis bei ihrer Wiederwahl als Parteichefin aber vor: „Die SPD neigt nicht zu nordkoreanischen Ergebnissen“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“.
Steinbrück kündigte an, auf dem Parteitag „mit angemessenen Worten“ auch auf die Debatte um seine Nebeneinkünfte einzugehen. Der Punkt werde aber nicht das Hauptthema sein. Er wies Einschätzungen zurück, er komme vor allem bei Wählerinnen schlecht an. Wer ihn kenne, der wisse, dass er bei der Vertretung von Fraueninteressen keinen Nachholbedarf habe. Er habe schon früh in verschiedenen Funktionen Förderprogramme unterstützt.
Nach seiner Ansicht würde ein rot-grüner Wahlsieg im Januar in Niedersachsen die ganze politische Landschaft bis zur Bundestagswahl ändern. Deshalb werde er im Landtagswahlkampf häufige Termine machen. SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil sagte: „Die Niedersachsen sind durch mit Schwarz-Gelb.“ Er verwies auf eine Umfrage, die derzeit einen Machtwechsel in Hannover prophezeite, und sagte, die Werte seien stabil. Ein Erfolg werde auch Steinbrück im Bund Rückenwind geben.
Bei der Vorstandssitzung wurde eine Resolution mit Kernpunkten beraten, mit denen die SPD in den Wahlkampf ziehen will. Dazu gehören Forderungen nach einem Mindestlohn und einer Mindestrente. Um dies auch durchzusetzen, sei eine „Politik der klaren Alternative“ zur schwarz-gelben Koalition notwendig, heißt es in dem Papier.
Die CDU habe beim Thema Gerechtigkeit „nichts als Etiketten“ zu bieten, sagte Steinbrück der „Süddeutschen Zeitung“: „Deren Mindestlohn ist kein gesetzlicher flächendeckender Mindestlohn, die Lebensleistungsrente reiner Zynismus und die Flexi-Quote keine Frauenquote.“ Auch die von der CDU ausgerufene Bildungsrepublik sei, wie die Energiewende, „nichts als eine Worthülse“.
Trotz mittelmäßiger SPD-Umfragewerte zeigte sich Steinbrück zuversichtlich, Merkel im Herbst nächsten Jahres abzulösen. Die Regierungschefin sei zweifellos beliebt, aber mit Beliebtheit allein gewinne man keine Wahl. „Ich bezweifele ja gar nicht, dass die Kanzlerin wertgeschätzt wird. Aber die Bürger vermissen bei ihr einen Kompass, klaren Kurs und Werteorientierung“, sagte Steinbrück. „Die Union ist entkernt. Ihr einziger Markenkern heißt Merkel. Das mag für die Union reichen, aber für unser Land ist das zu wenig.“
Lobend äußerte sich auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. „Ich weiß, dass Peer Steinbrück ein hervorragender Politiker ist, der durch Weitsicht auffällt und der auch eine klare Orientierung hat Richtung soziale Gerechtigkeit“, sagte die SPD-Vizevorsitzende dem Radiosender rbb. „Das ist das, was Sozialdemokratie auszeichnet, und dafür steht er wirklich mit voller Seele.“ # dpa-