SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück soll noch mehr Honorare eingestrichen haben. Die Debatte um seine Nebeneinkünfte wird er nicht los
Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerät wegen seiner Nebeneinkünfte in Höhe von etwa zwei Millionen Euro und neuer Ungereimtheiten zunehmend in die Defensive. Steinbrück soll neben den 1,25 Millionen Euro für Vorträge in dieser Wahlperiode noch Buchhonorare von mindestens einer halben Million Euro erzielt haben, berichteten das Magazin "Focus" und die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
Allein für sein Erstlingswerk "Unterm Strich" hat Steinbrück laut "Focus" eine halbe Million Euro erhalten. Für das Buch "Zug um Zug" flossen demnach mehr als 100 000 Euro, die er sich mit dem Co-Autor Helmut Schmidt teilt. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" geht hingegen von einem Honorar in Höhe von 300 000 Euro für das erste und 180 000 Euro für das zweite Buch aus. Nach Angaben aus der Verlagsbranche, auf die sich die Zeitung bezieht, könnte der Autorenanteil auch höher liegen. Steinbrück hatte die Buchhonorare mit der Begründung nicht offengelegt, dass man ihm in diesem Bereich keine Abhängigkeiten unterstellen könne.
Zu dem Nebenverdienst kommen noch knapp 115 000 Euro hinzu, die Steinbrück bereits als Vergütung für sein Aufsichtsratsmandat beim Stahlkonzern ThyssenKrupp erhalten hat. Noch ausstehend sei ein Betrag von rund 65 000 Euro, der Steinbrück für das abgeschlossene Geschäftsjahr zustehe. Zudem habe er eine fünfstellige Summe für ein Interview im Geschäftsbericht des Baukonzerns Bilfinger Berger erhalten. Im Streit mit den Bochumer Stadtwerken um die Frage, ob der Ex-Finanzminister die 25 000 Euro für einen Auftritt hätte spenden müssen, machte das Unternehmen gestern einen Rückzieher. Anders als zuvor behauptet habe es keine solche Absprache mit Steinbrück gegeben.
SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte eine Neuregelung für die Transparenz bei Politikereinkünften an. "Wenn wir ab dem nächsten Jahr wieder regieren, werden wir beschließen, dass alle Einkünfte von Abgeordneten im Bundestag auf Euro und Cent veröffentlicht werden." Demnächst will die SPD über einen Gesetzentwurf abstimmen lassen. "Union und FDP müssen dann Farbe bekennen", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles der "Bild am Sonntag". Gabriel sieht keine Differenzen zwischen Steinbrück und seiner Partei. Beim SPD-Parteitag im Dezember werde es ein "überwältigendes Votum" für Steinbrück geben.
Die Parteilinke sieht die Debatte über Steinbrück dagegen kritisch. "Wenn sich die SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit mit so einer Debatte herumschlagen muss, dann ist das für uns natürlich schwierig", sagte die Vorsitzende der Demokratischen Linken in der SPD, Hilde Mattheis. Die baden-württembergische SPD-Vize Leni Breymaier vermisst Fingerspitzengefühl bei Steinbrück. "Ich finde, es gehört sich nicht." Sie glaube nicht, "dass die Leute sagen: ,Was für ein toller Hecht.'" Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte: "Man sollte schon darauf achten, dass die Diäten nicht zu Nebeneinkünften werden." Nach einer Emnid-Umfrage kann Steinbrück in Sachen Popularität nicht mit Merkel mithalten, vor allem nicht bei Frauen. Die Frauen in der SPD verlangten denn auch von ihm, er solle sein Regierungsteam zur Hälfte weiblich besetzen.