Sie wird als kinderlieb und kontaktfreudig beschrieben, aber auch als radikal rechts und gewalttätig: Beate Zschäpe soll sich jetzt als mutmaßliche Rechtsterroristin und Mörderin verantworten.
Jena/Karlsruhe. Auf Jugendbildern wirkt Beate Zschäpe niedlich, ja harmlos. Auf anderen Fotos ist die heute 37-jährige mutmaßliche Terroristin mit wilder Mähne zwischen Rechtsradikalen zu sehen oder mit verbissenem Gesicht und Brille auf einem Fahndungsfoto. Sie ist die Überlebende der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Zschäpe gibt dem Neonazi-Terror ein Gesicht, seit vor einem Jahr ihre mordenden Kumpane Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aufflogen und sich in einem Wohnmobil in Eisenach selbst töteten.
Die Frau in dem Trio sprengte die gemeinsame Wohnung im sächsischen Zwickau in die Luft – zuvor brachte sie ihre beiden Katzen in Sicherheit. Vieles von dem, was inzwischen über Zschäpe in der Öffentlichkeit kursiert, zeichnet eine Frau mit zwei Gesichtern: Die kontaktfreudige junge Frau, die sich Plätzchenrezepte geben lässt, nett zu Kindern ist und ihre Katzen verwöhnt – und die „Killer-Braut“, die nicht nur von der Mordserie ihrer beiden Uwes gewusst haben soll. Die Bundesanwaltschaft hat sie als Mittäterin wegen Mordes angeklagt. Zschäpe sei nicht nur Mitglied der terroristischen NSU gewesen, sondern für die Morde mitverantwortlich, sagte Generalbundesanwalt Harald Range.
Geboren wurde Zschäpe am 2. Januar 1975 in Jena. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin. Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging sie einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. „Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter“, heißt es weiter.
Zschäpe selbst soll gesagt haben, im Gegensatz zu ihr stammten Mundlos und Böhnhardt aus intakten Familien. Zschäpes Verhältnis zur Mutter soll schwierig gewesen sein. Das wird in dem Buch „Die Zelle“ veranschaulicht, das die Autoren Christian Fuchs und John Goetz jetzt vorgelegt haben. Danach war Zschäpes Mutter Studentin der Zahnmedizin in Rumänien. Wer ihr Vater war, möglicherweise ein rumänischer Studienfreund der Mutter, soll nie ganz klar geworden sein. Später habe die Mutter einen Jugendfreund aus der Jenaer Nachbarschaft geheiratet.
Aufgefallen ist Zschäpe erstmals als 17-Jährige. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen „Diebstahls geringwertiger Sachen“ zu einer Geldstrafe verurteilt. In dieser Zeit war Zschäpe im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla häufiger Gast im Jugendclub, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Später, berichteten die Eltern von Böhnhardt in einem Fernsehinterview, sei sie die Freundin ihres Sohnes gewesen. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis ist viel spekuliert worden.
Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Sie ging mit Mundlos und Böhnhardt in den Untergrund. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt. Danach agierte sie mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie war mal Silvia und mal Lisa Pohl, nannte sich Mandy S. oder Susann D. Zeugen sollen sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb geschildert haben. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.
Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena. Wer Zschäpe wirklich ist und warum das scheinbar „nette Mädchen von nebenan“ zur mutmaßlichen rechtsterroristischen Mörderin wurde, müssen nun die Richter in München ergründen