Merkel rief dazu auf, den Völkermord als Mahnung für die Gegenwart zu verstehen und würdigte den Entwurf des israelischen Künstlers.
Berlin. Fast 70 Jahre nach Ende des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma ist am Mittwoch in Berlin das zentrale Mahnmal für die Opfer eingeweiht worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dazu aufgerufen, den Völkermord an den Sinti und Roma als Mahnung für die Gegenwart zu verstehen. Jede Generation stehe aufs Neue vor der Frage, wie es dazu kommen konnte, sagte Merkel bei der Einweihung. „Dieser Völkermord hat tiefe Spuren hinterlassen und noch tiefere Wunden.“
Merkel unterstrich, jedes einzelne Schicksal des Völkermords an den Sinti und Roma „erfüllt uns, erfüllt mich mit Trauer und mit Scham“. Die Frage nach dem Warum bleibe eine Aufgabe, um in der Zukunft Gefahren frühzeitig zu erkennen und Schlimmeres zu verhindern. Es sei wichtig, rechtzeitig hinzuschauen, sich einzumischen und Verantwortung zu übernehmen. Dies sei nicht nur Aufgabe von Bildungsträgern, sondern „Aufgabe von uns allen“, betonte die Kanzlerin.
Im ehrenden Gedenken der Opfer liege immer auch ein Versprechen, so verstehe sie auch den Auftrag zum Schutz von Minderheiten, sagte Merkel. Sinti und Roma litten auch heute oftmals unter Ausgrenzung und Abgrenzung. Es sei eine deutsche und eine europäische Aufgabe, die Sinti und Roma in diesem Kampf zu unterstützen, wie und wo auch immer sie leben. Den Entwurf des israelischen Künstlers Dani Karavan würdigte Merkel als „Denkmal, das Gefühl und Verstand gleichermaßen anspricht“.
Bei der symbolischen Eröffnung mit einer Gedenkminute führte die zwölfjährige Messina Weiss, Enkelin einer Auschwitz-Sinti-Überlebenden, die Ehrengäste zum Mahnmal. Dazu gehörten unter anderen Bundespräsident Joachim Gauck, sein Amtsvorgänger Richard von Weizsäcker und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Die Fertigstellung des seit 20 Jahren geplanten Projekts im Berliner Tiergarten zwischen Reichstag und Brandenburger Tor hatte sich immer wieder verzögert.
Die Gedenkstätte besteht aus einem kreisrunden Teich auf einer zwölf Meter großen Granitplatte. Akustisch untermalt wird das Ensemble von einem Geigenton, der von dem deutschen Sinto-Künstler Romeo Franz eingespielt wurde. Informationen zum nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma finden sich auf Texttafeln, die das Mahnmalgelände einrahmen. Den Verbrechen sind Schätzungen von Historikern zufolge mindestens 100.000 Menschen zum Opfer gefallen. Der Zentralrat der Sinti und Roma spricht hingegen von einer halben Million.