EZB-Präsident Mario Draghi stellt sich heute im Bundestag den Fragen der Abgeordneten zum Anleihenkauf. FDP verlangt Reuebekenntnis.
Berlin/Osnabrück. EZB-Präsident Mario Draghi stellt sich am Mittwoch in einer gemeinsamen Sitzung mehrerer Bundestags-Ausschüsse den Fragen der Abgeordneten zum umstrittenen Anleihenkaufprogramm der Zentralbank. Draghi hatte Mitte September angeboten, dem Bundestag die Strategie der Zentralbank zu erläutern. Die EZB hat angekündigt, sie werde notfalls durch einen unbegrenzten Aufkauf von Staatsanleihen an den Börsen dazu beitragen, kriselnde Euro-Länder zu stabilisieren. Seit der Ankündigung der Notenbank sind die Zinsen, die Krisenstaaten bei der Ausgabe neuer Anleihen bieten müssen, deutlich zurückgegangen. Führende CDU-Politiker ermahnten Draghi kurz vor seinem Besuch, FDP-Finanzexperte Frank Schäffler erwartet ein Reuebekenntnis. Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen verteidigte die Anleihenkäufe.
Im Bundestag und bei vielen Experten waren immer wieder Befürchtungen laut geworden, das Anleihenkaufprogramm könnte der Inflation Vorschub leisten. Die EZB will nur aktiv werden, wenn sich die betroffenen Länder unter den Euro-Rettungsschirm ESM begeben und Strukturreformen einleiten.
CDU-Politiker haben derweil die Führung der EZB ermahnt, ungeachtet der geplanten Staatsanleihekäufe weiterhin strikt auf Preisstabilität im Euro-Raum zu achten. Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“: „Ich erwarte von Draghi ein klares Bekenntnis zur Geldwertstabilität und eine klare Ablehnung der Staatsfinanzierung durch die EZB.“ Auch der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), betonte, für die EZB sei es das „wichtigste Ziel, für Preisstabilität in der Eurozone zu sorgen“.
Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler erwartet von Präsident Draghi bei dessen Besuch im Bundestag ein Reuebekenntnis. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Schäffler: „Herr Draghi muss einen Gang nach Canossa antreten oder gehen.“ Der EZB-Chef solle bei seinem Besuch klarstellen, dass er den von ihm eingeschlagenen „geldpolitischen Irrweg“ verlässt und die Unabhängigkeit der Institution „unverzüglich wiederherstellt“.
Schäffler warf Draghi vor, die Europäische Zentralbank in der Schuldenkrise zum „Brandstifter“ gemacht zu haben. Der Ankauf südeuropäischer Staatsanleihen im Mai 2010 sei der „Schritt über den Rubikon“ gewesen. Seitdem sei die EZB keine unabhängige Institution mehr, wie verfassungsrechtlich vorgeschrieben, sondern begehe fortwährend Rechtsbruch. Draghi sei persönlich verantwortlich dafür, die tragenden Säulen des Euros „endgültig eingerissen“ zu haben, kritisierte der Kritiker des Euro-Rettungskurses, Schäffler.
Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen betonte unterdessen, er halte Ankäufe von Staatsanleihen verschuldeter Eurostaaten durch die Europäische Zentralbank für legitim und notwendig. „Wir bewegen uns klar innerhalb unseres Mandats“, sagte der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. Bei der Beurteilung der Gesamtsituation, die für alle neu sei, komme er zu der Entscheidung, dass „unbegrenzte Anleihekäufe unter Auflagen für Europa als Ganzes der richtige Weg ist“, sagte Asmussen.
Nach seiner Einschätzung würde eine Streckung der Sparziele für das krisengeschüttelte Griechenland um zwei Jahre bedeuten, „dass man mehr zusätzliche Finanzmittel durch die anderen 16 Eurostaaten zur Verfügung stellen müsste. Der Ökonom betonte jedoch, der Bericht der Troika liege noch nicht vor – “wir sind in Athen noch nicht fertig mit den Gesprächen„.