Länder wollen Bedingungen der Bundesregierung zur Vergabe neuer Mittel nicht akzeptieren. Ministerin Schröder hat „null Verständnis” dafür.
Berlin. Ein Streit zwischen Bund und Ländern droht den Ausbau der Kleinkindbetreuung zu verzögern. Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch eine sogenannte Gegenäußerung, in der es sich gegen Forderungen der Länderkammer zur Auszahlung neuer Finanzmittel stellt. Der Bundesrat verweigert derzeit die Annahme von zusätzlichen 580 Millionen Euro aus Bundesmitteln für den Kita-Ausbau. Grund sind einige der Bedingungen, an die der Bund die Mittel knüpft. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) kritisierte, manche Länder wollten offenbar den Kita-Ausbau „aus Parteitaktik vor die Wand fahren lassen“.
Den Ausbau der Kleinkindbetreuung zu gefährden, wäre zynisch, „denn die Eltern verlassen sich auf den Rechtsanspruch“, ergänzte Schröder. Für die Blockade habe sie daher „null Verständnis“. Zurzeit fehlen nach Schätzung der Bundesregierung noch 160.000 Plätze, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter dreijährige Kinder ab August 2013 erfüllen zu können. Angesichts des kurzen Zeitraums müsse jeder Landesminister mit Verstand „Tempo machen und jeden zusätzlichen Euro für neue Kita-Plätze lieber heute als morgen annehmen“, sagte die Ministerin. Die zusätzlichen 580 Millionen Euro zum Kita-Ausbau hatten die Länder im Gegenzug für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt erhalten.
Der Bundesrat bemängelt in einer Stellungnahme unter anderem, dass der Bund Zuschüsse zu den Betriebskosten der Betreuungseinrichtungen erst ab 2014 mit 37,5 Millionen Euro und ab 2015 dauerhaft jährlich mit 75 Millionen Euro zur Verfügung stellen will. Die 75 Millionen müssten den Ländern bereits ab 2013 in voller Höhe zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung lehnt diese Forderung in ihrer Gegenäußerung ab. Die Betriebskosten seien an den Ausbau neuer Betreuungsplätze geknüpft. Erst wenn diese existierten, fielen Betriebskosten an.
Auch die Forderung des Bundesrats, die Fristen für den Abruf der Mittel zu verlängern, lehnt die Bundesregierung ab. Wenn die Länder in bestimmten Zeiträumen ihre Mittel nicht für konkrete Bauprojekte binden, werden sie an andere Länder umverteilt. Würden die Zeiträume verlängert, sei dies ein „Anreiz für einen Rückgang der Ausbaudynamik“, argumentiert die Bundesregierung.
Ebenso so abschlägig beurteilt die Bundesregierung die Bedenken der Länderkammer gegenüber verschärfter Berichtspflichten. Daneben hält die Regierung an der parallelen Finanzierung fest, das heißt Bund und Länder finanzieren die neuen Plätze gleichzeitig gemeinsam. Dies sei notwendig, weil die Länder bisher ihre zugesagten Eigenanteile in überwiegender Zahl „nicht vollständig nachprüfbar erbracht“ hätten.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig warf Schröder eine „bewusste Verdrehung der Tatsachen“ vor. Die CDU-Ministerin blockiere seit drei Monaten die zusätzlichen Mittel für den Kita-Ausbau durch immer neue Forderungen und Vorwürfe an die Länder, sagte Schwesig in Schwerin. Damit wolle Schröder von ihren eigenen Versäumnissen bei der Umsetzung des Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz ablenken.
Schwesig kritisierte insbesondere, dass die Länder monatlich Bericht erstatten sollen, wie das Geld verwendet wird. Die Unterstellung der Bundesministerin, „die Länder würden die Mittel sonst zur Konsolidierung ihrer Haushalte verwenden, ist an Böswilligkeit nicht zu überbieten“, erklärte Schwesig.
Der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag forderten eine zügige Lösung der Probleme. „Landkreise, Städte und Gemeinden dürfen nicht auf Kosten sitzen bleiben, weil die Länder ihrer - verfassungsgerichtlich bereits festgestellten - Finanzierungsverpflichtung nicht nachkommen“, sagte Präsident Hans Jörg Duppré.
Helmut Dedy, Vize-Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, sagte, sein Verband habe kein Verständnis dafür, wenn jetzt wertvolle Zeit durch Auseinandersetzungen verloren gehe. Bund und Länder hätten sich im Juni darauf geeinigt, gemeinsam 30.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kleinkinder finanzieren zu wollen. Dem müssten jetzt schnell Taten folgen, unterstrich Dedy.