Parteilinke und Gewerkschaften haben Konzept kritisiert. Parteichef will einlenken. Bei Schwarz-Gelb zeichnen sich Eckpunkte ab.
Berlin. Parteichef Sigmar Gabriel ist nach Kritik auch aus den eigenen Reihen und den Gewerkschaften am SPD-Rentenkonzept zu Korrekturen bei der Rente mit 67 bereit. Im Gegensatz zur bisherigen Linie will Gabriel im Falle einer SPD-geführten Regierung zehntausenden Arbeitnehmern eine abschlagsfreie Rente ab dem 65. Lebensjahr erlauben: Wer 45 Versicherungsjahre habe, solle ohne Einbußen mit dem 65. Geburtstag in Rente gehen können, heißt es in Gabriels Beschlussempfehlung für den SPD-Vorstand an diesem Montag, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Ein SPD-Sprecher bestätigte den Vorabbericht der Zeitung.
Derzeit wird die einst von der großen Koalition beschlossene Rente mit 67 bis 2029 schrittweise eingeführt, Gabriel wollte bislang daran festhalten. Arbeitnehmer bekommen danach nur dann mit 65 Jahren ihre volle Rente, wenn sie 45 Jahre Beiträge gezahlt haben. Im Unterschied zu Beitragsjahren gelten als Versicherungszeiten, die Gabriel nun stärker als Kriterium heranziehen will, auch Perioden der Arbeitslosigkeit sowie Kindererziehungsjahre. An der Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus von derzeit etwa 50 auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns – auch dies war von der Parteilinken kritisiert worden – will Gabriel nichts ändern.
Sein Vorschlag ist laut Zeitung, die sich auf Angaben aus SPD-Führungskreisen beruft, mit den Gewerkschaften abgestimmt und soll auch den SPD-Streit um das künftige Rentenniveau entschärfen. Informell hätten Politiker des linken Flügels sowie die denkbaren Kanzlerkandidaten, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, Zustimmung signalisiert.
Kern von Gabriels Rentenkonzept ist eine Mindestrente von 850 Euro für alle, die 30 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Eine Solidarrente soll Geringverdienern eine steuerfinanzierte Grundsicherung von 850 Euro garantieren.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) setzt dagegen auf eine teils aus Beiträgen finanzierte Zuschussrente für Geringverdiener. Ihr Konzept ist aber in der Union und der Koalition heftig umstritten. Allmählich zeichnen sich Eckpunkte für eine Kompromisslösung ab – die allerdings auch kostet.
So werden nach einem „Spiegel“-Bericht für eine Änderung der bisherigen Anrechnung der Riester-Rente bei der Grundsicherung im Alter bis zu vier Milliarden Euro veranschlagt. Mit der Maßnahme will die Union private Vorsorge besser belohnen. Zudem sollen bei Müttern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, die Erziehungszeiten bei der Rente höher bewerten werden.
Nach Angaben der „Leipziger Volkszeitung“ haben sich Union und FDP auf eine grundsätzliche Verbesserung beim Erwerbsminderungsschutz für jene verständigt, die nicht bis zum 67. Lebensalter arbeiten können.
Der Arbeitnehmerflügel der CDU mahnte ein rasches Konzept an: „Wir müssen verhindern, dass die Altersarmut zunimmt“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler. Es müsse jetzt gehandelt werden. Sonst werde bis 2030 mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer weniger als die Grundsicherung im Alter erhalten.