Aber in der Koalition wird weiter über den Armutsbericht gestritten
Berlin. Nach monatelangem Streit hat die Union einen Kompromiss beim Betreuungsgeld gefunden. Die Fraktionsspitze vereinbarte mit ihrer Arbeitsgruppe Familie sowie Familienministerin Kristina Schröder (CDU), dass die Eltern zu ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ihrer zu Hause betreuten Kleinkinder verpflichtet werden, hieß es gestern aus Unionskreisen. Die Untersuchungen sollen Voraussetzung sowohl für das Betreuungsgeld als auch für das Elterngeld sein.
Die Fraktionen sollen Schröders Gesetzentwurf nun entsprechend ändern. Die Ministerin selbst hatte im April gefordert, Vorsorgeuntersuchungen an Betreuungsgeld und Elterngeld koppeln. Sie war damals aber von CSU-Chef Horst Seehofer gestoppt worden. Inzwischen lenkte er aber ein. Der Bundestag soll am 18. Oktober über die von der Opposition als "Herdprämie" verspottete Leistung abstimmen.
Als Nächstes muss die Unionsfraktionsspitze aber mit der FDP eine Einigung erzielen. Sie hatte grundsätzlich bereits im vorigen November in einer Sitzung des Koalitionsausschusses zugestimmt, war aber im Zuge des Unionsstreits selbst immer kritischer geworden. Die Verhandlungsführerin und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte: "Wir sind auf der Zielgeraden. Ich bin sehr zuversichtlich." Ein zweiter Punkt für den Kompromiss ist den Informationen zufolge, einen Anreiz zu schaffen, dass die Eltern das Betreuungsgeld in eine Riester-Rente oder private Altersvorsorge einzahlen. Hier werde über einen Betrag von zusätzlich 15 Euro gesprochen, wenn die Eltern sich das Betreuungsgeld nicht bar auszahlen lassen, hieß es.
Ein anderer Streit schwelt gleichzeitig weiter: welche Konsequenzen aus dem Armuts- und Reichtumsbericht und der Konzentration des Privatvermögens zu ziehen sind. Während die Koalition am Freitag versuchte, die Wogen zu glätten, forderte die Opposition erneut Vermögensabgaben. Der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte im Deutschlandfunk, es dürften keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden. Solange der Arbeitsmarkt weiter gut funktioniere, "sollten wir auf Verteilungsexperimente verzichten". Der Bericht aus dem Ministerium von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sorgte bereits vor seiner Veröffentlichung für Streit. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte erklärt, höheren Steuern für Wohlhabende werde er nicht zustimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte eine Vermögensabgabe ebenfalls ab.
Wie am Freitag weiter bekannt wurde, sind die Steuereinnahmen im August so stark gestiegen wie in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht mehr. Bund und Länder nahmen 12,8 Prozent mehr Steuern ein als im Vorjahresmonat. Das geht aus dem aktuellen Monatsbericht des Finanzministeriums hervor. Das ist der höchste Zuwachs seit März 2011.