Leutheusser-Schnarrenberger schlug vor, den Ankauf von Steuerdaten unter Strafe zu stellen. Spitze entzog ihr daraufhin die Unterstützung.
Mainz. FDP-Chef Philipp Rösler ist wegen des Umgangs der Parteispitze mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in die Kritik geraten. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki äußerte sich empört darüber, wie sich das Bundespräsidium am Montag vom Vorschlag der Ministerin distanziert hatte, ein Verbot des Ankaufs von Steuer-CDs zu prüfen. „Das ist ein unerhörter Vorgang“, sagte Kubicki „Spiegel online“ – und äußerte die Vermutung, dass Rösler und Generalsekretär Patrick Döring damit von den schlechten FDP-Umfragewerten ablenken wollten.
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Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle nahm die stellvertretende Parteivorsitzende in Schutz. „Ich habe null Erbarmen mit Leuten, die Steuern hinterziehen, während andere brav zahlen“, sagte er der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag). „Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Es erscheint mir sinnvoll, dass die Justizministerin die Strafbarkeit des Datenhandels prüfen will.“
Der Vorstand der FDP-Bundestagfraktion kam am Dienstagabend in Mainz zu einer Klausurtagung zusammen. An diesem Mittwoch trifft sich die Gesamtfraktion zu ihrer Herbstklausur. An dem Treffen am Dienstagabend nahm auch Rösler teil.
Kurz zuvor versuchte der Parteichef, die Wogen zu glätten. Der „Stuttgarter Zeitung“ (Mittwoch) er: „Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat Recht, wenn sie auf die Doppelmoral der Sozialdemokraten hinweist. Klar ist: Wenn das Steuerabkommen mit der Schweiz endlich umgesetzt ist, dann erübrigt sich vieles, auch der Ankauf solcher CDs.“
Aus dem Umfeld Röslers verlautete am Abend in Mainz, der Parteichef sei selbst überrascht gewesen von der scharfen öffentlichen Distanzierung Dörings am Montag. Deshalb habe er die Dinge geradegerückt.
Leutheusser-Schnarrenberger hatte am Wochenende vorgeschlagen, den Ankauf gestohlener Steuerdaten unter Strafe zu stellen. Döring sagte daraufhin am Montag in Berlin, die große Mehrheit des Präsidiums sehe den Vorstoß skeptisch, weil die Liberalen zuallererst wollten, dass das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz in Kraft trete. Die Parteispitze habe vom Vorschlag der Ministerin aus den Medien erfahren, Rösler wolle noch im Laufe des Tages mit ihr reden.
Leutheusser-Schnarrenberger selbst hatte nicht an der Sitzung teilgenommen. Sie betonte am Dienstag, dass sie mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einer Meinung sei: „Wir sollten alles tun, damit es zu dem Steuerabkommen mit der Schweiz kommt“, sagte sie dem Radiosender Antenne Bayern. Das Bestreben aller müsse aber sein, einen rechtsstaatlichen Weg aus der Grauzone zu finden. „Denn das ist es, wenn Daten geklaut werden in der Schweiz, in Banken und dann auf einem Datenträger hier verkauft werden.“
Der FDP-Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher forderte seine Partei zu einer klareren Profilierung auf. „Der Kurs der Parteiführung irritiert mich nicht, aber er sollte noch profilierter werden“, sagte er dem „Bonner General-Anzeiger“ (Mittwoch). Die Wahlkämpfer Christian Lindner in Nordrhein-Westfalen und Kubicki in Schleswig-Holstein hätten gezeigt, „dass man mit einem klaren politischen Profil gegen einen vermeintlichen Trend erfolgreich sein kann“.
Er sei deshalb hoffnungsvoll, „dass ideenreiche Leute mit profilierten Auffassungen der Partei überall eine neue Chance geben können“. Genscher hob vor allem Brüderle hervor: „Er ist ein absoluter Trumpf für die Partei und gewinnt zunehmend an Gewicht für die liberale Sache.“