Der Deutsche Hochschulverband hat kurz vor Beginn des nationalen Bildungsgipfels in Dresden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die...
Hamburg. Der Deutsche Hochschulverband hat kurz vor Beginn des nationalen Bildungsgipfels in Dresden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten dazu aufgerufen, nicht länger vor den ungelösten Problemen an den Hochschulen die Augen zu verschließen. "Obwohl wir im Vorfeld des Gipfels so intensiv auf die Politik eingewirkt haben wie auf ein krankes Pferd, haben die Akteure die Rettung unseres wissenschaftlichen Systems überhaupt nicht im Blick", sagte der Präsident des Verbandes, Prof. Bernhard Kempen, dem Hamburger Abendblatt. Der Deutsche Hochschulverband ist die Berufsvertretung von mehr als 23 000 Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern.
Merkel hatte in ihrer neuen Videobotschaft unterstrichen, dass in Dresden vor allem darüber gesprochen werden soll, "wie die verschiedenen Übergänge - von der frühkindlichen Bildung in die Schule, von der Schule in die Berufsausbildung, von der Hochschulbildung hin zu Forschungstätigkeit - besser verzahnt und gestaltet werden können".
Der Präsident kritisierte diese Schwerpunktsetzung. Schon das von der CDU im Vorfeld des Gipfels beschlossene Bildungspapier sei"völlig unausgewogen", da die Hochschulen darin "nur eine unscheinbare Nebenrolle" spielten. Das Dokument sei ein "geradezu ungeheuerliches Armutszeugnis". Es reiche nicht, sich ausschließlich dem "Modethema Lebenslanges Lernen, von der Wiege bis zur Bahre" zu widmen. Er habe zwar Sympathie für die Forderung, den Hochschulzugang für Techniker und Meister zu erleichtern und berufsbegleitende Studiengänge auszubauen - "aber die Möglichkeiten dazu gibt es auch jetzt schon", sagte Kempen. Er warnte davor, sich von derartigen Maßnahmen zu viel zu versprechen: "Nicht jeder, der im Beruf ist, sollte auch studieren. Das wäre so, als will man eine Hochleistungsmannschaft aufbauen und ruft allen zu: Turnt doch mal mit."
Kempen forderte die Teilnehmer des Bildungsgipfels auf, eine Prioritätendiskussion mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes zu führen. Dann müssten die überfüllten Hörsäle, in denen oftmals der Putz von den Wänden bröckele, die Immobilität der Studierenden, "die nach der Umstellung auf das Bachelor-/Master-System kaum noch von Bonn nach Köln wechseln können", und der Schwund des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen in den Fokus rücken. Stattdessen fahre der Staat "mit denjenigen Schlitten, von denen für die Zukunft unseres Landes alles erwartet wird: den Akademikern". Das sei auch "volkswirtschaftlich betrachtet dumm", sagte Kempen.