Die 140.000 Ärzte in Deutschland haben im ersten Quartal 7,4 Prozent mehr verdient. Aber nicht alle haben von der umstrittenen Honorarreform profitiert.
Berlin. Die umstrittene Honorarreform für niedergelassene Ärzte hat sich unterschiedlich auf die verschiedenen Fachgruppen ausgewirkt. Während die Orthopäden im ersten Quartal 2009 gegenüber dem Vorjahreszeitraum bundesweit Honorareinbußen von vier Prozent verzeichneten, gab es für die Kardiologen im Schnitt 21 Prozent mehr. Das teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin mitteilte. Nach den vorläufigen Ergebnissen stieg die Gesamtvergütung für die rund 140.000 niedergelassenen Ärzte voraussichtlich um knapp 472 Millionen Euro. Das entspricht einem Plus von 7,4 Prozent pro Praxis. Die Daten von drei Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in den Ländern und rund 40.000 Praxen fehlten allerdings noch.
Bundesweite Zuwächse im zweistelligen Bereich erzielten neben den Kardiologen auch Hautärzte, Nervenärzte, Urologen, Gastroenterologen und Pneumologen. „Die absoluten Zahlen sind besser ausgefallen als erwartet“, erklärte KBV-Chef Andreas Köhler in Berlin. Allerdings habe die Honorarreform zu „Verwerfungen“ geführt. Längst nicht alle Ärzte hätten dazugewonnen. „Es gibt auch Verlierer dieser Reform“, erklärte Köhler. Ein Drittel aller Arztpraxen erhielten laut KBV gegenüber dem Vorjahresquartal weniger Honorar.
Regional und auch innerhalb der Arztgruppen gibt es demnach zum Teil deutliche Schwankungen. So gewannen Hausärzte in der Summe zwar zehn Prozent. Doch während in Sachsen-Anhalt beispielsweise 95 Prozent der Allgemeinmediziner einen Honorarzuwachs verzeichneten, galt dies nur für 14 Prozent der Kollegen in Baden-Württemberg“. Allerdings war die Anhebung der Vergütung in Ostdeutschland auf 95 Prozent des Westniveaus ein Ziel der Reform. Auch bei den bundesweiten „Verlierern“, den Orthopäden, die als einzige Arztgruppe Einbußen haben, gibt es laut KBV deutliche regionale Unterschiede. So konnten die Orthopäden in mindestens fünf der insgesamt 17 KVen beim Honorar zulegen.
„Die Reform ist noch lange nicht am Ende“, erklärte Köhler. Die Honorarverteilung müsse überprüft werden. Dabei gehe es unter anderem um die mögliche Einführung einer Strukturpauschale für die fachärztlichen Grundversorger sowie um eine Aufwertung der Hausbesuche.
Die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Honorarreform hatte bei niedergelassenen Ärzten für heftige Proteste gesorgt und in mehreren Regionen vereinzelt zu Praxisschließungen geführt. Einzelne Facharztgruppen vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein befürchteten drastische Einbußen im zweistelligen Bereich.
Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, verteidigte die vielfach kritisierten Ärzteproteste. Die Proteste hätten sich „gelohnt“, sagte er am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Ein in manchen Teilen drohendes Minus von 20 Prozent sei jetzt auf höchstens fünf Prozent Verlust begrenzt worden. Ob weitere Proteste folgen werden, richtet sich laut Henke danach, „was die Gesamtbilanz des Jahres sein wird“.
Der Vorsitzende des Ärzteverbandes Hartmannbund, Kuno Winn, erklärte, zumindest große Teile der zusätzlichen Milliarden seien offensichtlich bei den Ärzten angekommen. Dennoch gebe es auch Verlierer. Die der KBV-Erhebung zugrunde liegende mangelhafte Datenbasis mache allerdings „darüber hinaus gehende klare Aussagen fast unmöglich“.