In namentlicher Abstimmung nahmen die Abgeordneten der Koalition das Zahlenwerk.Bis zuletzt gab es Streit über die Neuverschuldung.
Berlin. Der Bundestag hat den Haushalt 2012 beschlossen. In namentlicher Abstimmung nahmen die Abgeordneten der Koalition das Zahlenwerk am Freitag an. Es erlaubt dem Bund im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 306 Milliarden Euro und neue Kredite von 26,1 Milliarden Euro. Die Oppositionsparteien kritisierten den Etat als Dokument des Versagens und der Hoffnungslosigkeit. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble versicherte, Deutschland bleibe Stabilitätsanker in Europa.
In der Abstimmung zum Schluss der viertägigen Haushaltsdebatte stimmten 307 Abgeordnete für den Haushalt. 253 lehnten ihn ab. Im Bundestag zählt die Koalition 330 Stimmen, die Opposition 290. Der Haushalt muss auch noch den Bundesrat passieren. Die Ausgaben bleiben mit 306,2 Milliarden Euro fast unverändert gegenüber 2011. Aus Steuern soll der Bund mit 249,2 Milliarden 20 Milliarden Euro mehr einnehmen. Umstritten blieb bis zuletzt die Bewertung der Neuverschuldung von 26,1 Milliarden Euro. Sie liegt zwar weit unter der im Haushalt 2011 erlaubten Nettokreditaufnahme von über 48 Milliarden Euro. Verglichen mit der für 2011 jetzt tatsächlich erwarteten Neuverschuldung von 22 Milliarden Euro ergibt sich allerdings ein Anstieg.
Der SPD-Haushälter Carsten Schneider sagte, in Europa beanspruche die Bundesregierung die Führung in Fragen der Haushaltskonsolidierung. Trotz Rekordwachstums und Rekordsteuereinnahmen wolle sie im kommenden Jahr aber mehr Schulden machen als in diesem Jahr. Das sei ein „Skandal“. Dass eine Bundesanleihe Anfang der Woche nur zu 60 Prozent Abnehmer fand, sei der „Urschrei des Marktes“ gegen die Haushaltspolitik der Regierung gewesen. Haushälter der Koalition hielten dagegen, die Opposition vergleiche „Soll“ und „Ist“ im Haushalt. Der Vergleich sei „wahrheitswidrig“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Abgeordnete Norbert Barthle sagte, er wage die Vorhersage, dass die tatsächliche Neuverschuldung 2012 niedriger als 26 Milliarden Euro ausfallen werde.
Schäuble versicherte, Deutschland bleibe auf Konsolidierungskurs und werde den Stabilitäts- und Wachstumspakt in Europa nächstes Jahr einhalten. Mit dieser Politik könne Deutschland seiner Rolle als „Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive“ in Europa gerecht werden. Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch erklärte, der Haushalt sei ungerecht und biete den Menschen keinen Schutz vor einer zweiten Welle der Finanzkrise. Für die Grünen sprach Tobias Lindner von einem „Dokument der Hoffnungslosigkeit und der Ideenlosigkeit“.
Als letzten Einzeletat beriet der Bundestag am Freitagmorgen den Verkehrshaushalt. Minister Peter Ramsauer mahnte dauerhaft höhere Mittel für die Infrastrukturinvestitionen des Bundes an. Mit der kürzlich bewilligten zusätzlichen Milliarde Euro könne er zwar „Luft schnappen“, aber mehr auch nicht, sagte der CSU-Politiker. Oppositionspolitiker warfen ihm mangelnde Nachhaltigkeit bei der Verteilung der insgesamt rund 26 Milliarden Euro für 2012 vor.
Von der zusätzlichen Milliarde sollen bis Ende 2013 600 Millionen Euro für die Straße, vor allem für die Sanierung von Brücken, ausgegeben werden. 300 Millionen kommen den Wasserstraßen und hier insbesondere der Schleuse Brunsbüttel des Nord-Ostsee-Kanals zugute, und 100 Millionen sollen in den Schienenverkehr fließen.