Bekannt gewordene Details aus einem missglückten Banküberfall des Zwickauer Trios im Jahr 2006 wecken in einem Fall Zweifel
Plauen. Sie haben Banken überfallen und womöglich auch Menschen umgebracht – die drei Terrorverdächtigen aus Zwickau. Jüngst bekannt gewordene Details aus einem missglückten Banküberfall des Zwickauer Trios im Jahr 2006 wecken jedoch zumindest in einem Fall Zweifel an der Kaltblütigkeit der mutmaßlichen Rechtsterroristen.
In einem Fernsehinterview von 2006, das der Nachrichtenagentur dapd vorliegt, beschreibt ein Polizeisprecher unter Verweis auf Zeugenaussagen den Täter, bei dem es sich nach heutiger Überzeugung der Polizei entweder um Böhnhardt oder Mundlos handelt, als unerfahren und dilettantisch.
Das Interview zeigt Volker Kroh, den damaligen Sprecher der Polizeiinspektion Zwickau, am 5. Oktober 2006 vor einer Bank in Eckersbach, die kurz zuvor von einem maskierten und mit einer Pistole bewaffneten Mann überfallen wurde. „Zeugen beschrieben den Täter als fahrig und sehr aufgeregt“, sagt Kroh.
Jener maskierte Mann, nach Zeugenaussagen damals zwischen 20 und 30 Jahre alt und mit dem Fahrrad zur Bank unterwegs, soll zu dem Zeitpunkt schon mehr als acht Überfälle verübt haben. Bei dem Überfall in Eckersbach wirkte der mutmaßliche Serienbankräuber allerdings „abwesend“ und unter „psychischer Beeinflussung“, sagt Kroh.
Auch die Vorgehensweise des Täters passt nicht ganz zum bisherigen Bild von den kaltblütig mordenden Neonazis. So warf laut Kroh der mit einer Pistole bewaffnete Mann mit einem Ventilator nach einer Bankangestellten, weil diese sich seinen Anweisungen widersetzte. Einem Großteil der Anwesenden in der Bank war es zu diesem Zeitpunkt bereits gelungen, in die hinteren Räume der Bank zu fliehen. Auch ließ sich der Räuber während des Überfalls von einem Bank-Azubi in ein Handgemenge verwickeln, wobei sich zwei Schüsse aus der Pistole lösten und den damals 18 Jahre alten Bankangestellten im Bauchraum verletzten. Der Täter flüchtete daraufhin ohne Beute aus der Bank.
Dass es sich bei dem Räuber um Mundlos oder Böhnhardt handelt, davon ist die Zwickauer Polizei aus heutiger Sicht überzeugt. In der ausgebrannten Wohnung des Trios in Zwickau wurden Kleidungsstücke gefunden, die der Täter bei dem Überfall getragen hatte. Insgesamt werden dem Duo mehr als zehn Banküberfälle in ganz Ostdeutschland zugeschrieben. Der Überfall auf die Bank in Eckersbach war der bislang letzte bekannte Überfall in Sachsen.
Unterdessen geht die Bundesanwaltschaft weiter davon aus, dass das Zwickauer Trio allein für die Mordserie an neun ausländischen Kleinunternehmern verantwortlich ist. Nach den bisherigen Erkenntnissen habe sich die Gruppierung lediglich aus Mundlos, Böhnhardt und der Komplizin Beate Zschäpe zusammengesetzt, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Marcus Köhler, der Nachrichtenagentur dapd. Gegen Beate Zschäpe liege derzeit ein Haftbefehl wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor, hinsichtlich der Mordvorwürfe bestehe bislang ein Anfangsverdacht der Ermittler, sagte Köhler.
Juristisch gesehen ist ein Anfangsverdacht die Einstiegsstufe staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Im Falle der Zwickauer Terrorzelle stützt sich der Verdacht laut Köhler auf „gewichtige Indizien“ wie die in der Wohnung gefundene Tatwaffe, mit der die Morde an acht türkischstämmigen und einem griechischen Opfer verübt worden sein sollen, sowie auf das Bekennervideo im Namen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Am Donnerstag hatte der neue Generalbundesanwalt Harald Range angekündigt, dass intensiv im Umfeld der Zwickauer Terrorzelle nach möglichen Hintermännern und Helfershelfer ermittelt werde, mehrere weitere Verdächtige sind im Visier.