Innenminister Friedrich (CSU) ordnet nach einer Telefonkonferenz mit seinen Länder-Kollegen Überprüfung der bereits eingesetzten Programme an.
Berlin/Hamburg. Nach massiver Kritik am Einsatz der umstrittenen Spionage-Software von privaten Anbietern wollen Bund und Länder künftig die Technik zur Überwachung selbst entwickeln. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte am Donnerstag die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für die sogenannte Quellen-TKÜ zum Aufzeichnen von Internet-Kommunikation beim Bundeskriminalamt an. Die Länder seien eingeladen, sich daran zu beteiligen, sagte Friedrich in Berlin nach einer Telefonkonferenz mit seinen Länder-Kollegen. Darüber hinaus soll ein Expertengremium eingerichtet werden, das die bisher benutzte Software von privaten Anbietern überprüft und zertifiziert.
Die Innenminister reagierten damit auf Forderungen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), aber auch aus den Ländern und der Opposition, die umstrittene Trojaner-Software nicht privaten Herstellern zu überlassen. Der Kern der benutzten Software, der sogenannte Quellcode, ist den staatlichen Stellen angeblich bisher nicht bekannt. Missbrauch durch zusätzliche Funktionen konnte deshalb nicht ausgeschlossen werden.
Die Justizministerin hält aber die Ankündigungen der Innenminister nicht für ausreichend. Dies sei bestenfalls ein erster Schritt. "Es ist überfällig, dass der Staat künftig den Grundrechtsschutz nicht mehr faktisch in die Hände privater Programmierer legen wird", sagte sie. Eine koordinierte Aufklärung von Bund und Ländern über möglichen Missbrauch der bisher eingesetzten Software fehle nach wie vor.
Bundesinnenminister Friedrich betonte, dass die Überwachung von Internet-Kommunikation im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität unverzichtbar bleibe. Es gebe aber "keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass andere Daten abgefragt wurden".
Das Bundesverfassungsgericht hat der Überwachung von Computern enge rechtliche Grenzen gesetzt. Die Online-Durchsuchung eines Rechners ist nach einem Urteil aus dem Jahr 2008 nur bei konkreter Gefahr für hochrangige Rechtsgüter zulässig.
Und während andere Bundesländer in Erklärungsnöte geraten waren, soll es einen Landestrojaner bei Polizei und Verfassungsschutz in Hamburg gar nicht geben, wie aus der Antwort auf eine aktuelle Senatsanfrage des CDU-Innenexperten Karl-Heinz Warnholz hervorgeht. Entsprechend habe es seit 2004 keinen "Einsatz einer Software zur verdeckten Datenerhebung" gegeben. "Es kann nicht sein, dass für die Bekämpfung verfassungsfeindlicher Angriffe auf unseren Rechtsstaat die Stadt eine solche Software noch nicht in Auftrag gegeben hat", sagte Warnholz zum Ergebnis seiner Anfrage. Nun wird der Bund dafür sorgen.