Amnesty-Bericht listet deutsche Waffenlieferungen in Länder des Arabischen Frühlings auf

Berlin. Wegen eines neuen Amnesty-Berichts über deutsche Waffenlieferungen in Länder des Arabischen Frühlings hat die Opposition Auskunft von der Bundesregierung verlangt. Die Menschenrechtsorganisation veröffentlichte gestern eine Studie, wonach seit 2005 Rüstungsexporte für mindestens 77 Millionen Euro nach Ägypten, Bahrain, Jemen und Libyen erlaubt wurden. Die Regierung verwies auf den nächsten Rüstungsexportbericht, der vermutlich im Dezember veröffentlicht wird.

Amnesty zufolge wurden von deutschen Firmen in den Jahren 2005 bis 2009 unter anderem Kleinwaffen, Munition und Militärfahrzeuge ausgeführt, die dann zur Niederschlagung von Demonstrationen im Einsatz waren. "Diese Lieferungen wurden genehmigt, obwohl schon damals ein erhebliches Risiko bestand, dass mit diesen Waffen Menschenrechte verletzt werden", kritisierte Amnesty-Rüstungsexperte Mathias John. Wenn jetzt Waffenembargos verhängt werden, komme das zu spät und sei zu wenig, sagte John. Die Untersuchung mache erneut deutlich, dass die bestehenden Exportkontrollen nicht ausreichten. Nötig sei daher dringend ein wirksames internationales Waffenhandelsabkommen.

Auch 16 weitere Staaten werden in dem 100 Seiten umfassenden Bericht wegen Waffenlieferungen nach Nahost und Nordafrika kritisiert. Darunter sind zum Beispiel auch die USA, Russland, Frankreich und Großbritannien. Die Spannbreite der Waffen reiche von Raketen, Gewehren und Munition bis hin zu Tränengas. Aus Frankreich und Russland seien auch Exporte nach Syrien gegangen, wo Machthaber Baschar al-Assad weiterhin mit brutaler Gewalt Opposition verhindern will.

Die Grünen forderten ein generelles Verbot von Waffenlieferungen in Länder, in denen massiv gegen Menschenrechte verstoßen wird. Fraktions-Geschäftsführer Volker Beck bezeichnete es als "Horrorvorstellung", dass deutsche Waffen zur Niederschlagung von Protesten eingesetzt werden. Der Linke-Abgeordnete Jan van Aken verwies darauf, dass Deutschland den Export von Militärgütern in den Golfstaat Bahrain nicht verboten habe. Der Bundestag stimmt heute über Anträge der Linken ab, mit denen der Rüstungsexport in 16 Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas verboten werden soll.

Vize-Regierungssprecher Georg Streiter betonte, dass vor der Erlaubnis von Rüstungsexporten alle Argumente "sorgfältig" abgewogen würden. "Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungsland wird besonderes Gewicht beigemessen."

Hintergrund der Oppositions-Forderungen ist auch die geplante Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien, für die der Bundessicherheitsrat Ende Juni bereits grünes Licht gab. Bis zum Jahresende will das geheim tagende Gremium erneut über das Geschäft beraten. Die Regierung lehnt öffentliche Erläuterungen zu dem Deal bislang ab. Saudi-Arabien war auch an der Niederschlagung von Protesten in Bahrain beteiligt.