Regisseur Dieter Wedel, 68, über zu viel Lob und die Grenzen des Inszenierens

Wohl niemand beherrscht die Kunst des subtilen Inszenierens so gut wie der deutsche Regisseur Dieter Wedel. Als wir ihn anriefen, war er gerade auf Mallorca - und hat sie trotzdem gesehen, die Bilder, über die man in Deutschland derzeit diskutiert.

Hamburger Abendblatt:

Ist Herrn zu Guttenberg dieser Auftritt gelungen?

Dieter Wedel:

So sehr ich Herrn zu Guttenberg schätze, so sehr ich bewundere, wie druckreif dieser Mann spricht, so irritiert bin ich über diese Bilder. Vielleicht bin ich zu altmodisch - aber es kann doch nicht sein, dass alles zum Entertainment wird.

Man kann es als politische Geste deuten.

Wedel:

Der Auftritt von Frau zu Guttenberg hat meines Erachtens mit Politik nichts zu tun. Das war Entertainment. Und der Krieg ist dafür keine Bühne. Geärgert hat mich der Satz, die Soldaten würden sich doch freuen, eine Frau zu sehen. Da kann man auch gleich eine Wagenladung Prostituierte hinschaffen, da freuen sich die Soldaten womöglich mehr.

Was haben Sie gedacht, als Sie die Bilder gesehen haben?

Wedel:

An Guido Westerwelle und seinen Ausdruck der "spätrömischen Dekadenz". Ich frage mich: Wo ist die Grenze? Wann macht Kerner eine Sendung, in der ein Soldat stirbt? Wann moderiert Kerner den Krieg? Das erinnert doch an Circus Maximus! Ich habe neulich einen Satz von Herrn zu Guttenberg gelesen, den ich klug fand: Diese ganzen Spekulationen, dass ich Kanzler werde, das ist doch alles Unsinn. Ein Fehltritt - und es ist aus.

Also war's das für Herrn zu Guttenberg?

Wedel:

Ich halte diesen Fehltritt für verzeihlich.

Was wäre gewesen, hätte ihn nur seine Frau begleitet?

Wedel:

Wäre es trotzdem unpassend gewesen. Ich schätze ja auch Kerner, ich war in seiner Show, da geht man hin, wenn man den nächsten Film ankündigen will. Ist doch klar. Aber ... Krieg und Sterben, das ist etwas anderes. Es darf nicht alles zur Inszenierung, nicht alles zum Entertainment werden.

Warum ist das ausgerechnet zu Guttenberg passiert, dem Mann mit dem feinen Instinkt für die richtige Pose?

Wedel:

Wenn man dauernd gelobt wird, läuft man Gefahr, die Bodenhaftung zu verlieren. Man muss aber immer wieder neu anfangen. Alles, wofür man gelobt wurde, ist Vergangenheit. Nur das Heute gilt. Im Film wie in der Politik.