Der Druck auf die schwarz-gelbe Koalition zu raschen Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel im Pflegesektor steigt.
Berlin. Modellrechnungen des Statistischen Bundesamts zufolge fehlen im Jahr 2025 rund 152 000 Beschäftigte in Pflegeberufen, um die erwartete Zahl an Krankenhauspatienten und Pflegebedürftigen versorgen zu können. Umgerechnet in Vollzeitstellen entspricht laut Statistischem Bundesamt die Lücke an Pflegekräften im Jahr 2025 etwa 112 000 Vollzeitkräften. Insgesamt müssten dann 940 000 Pfleger und Pflegerinnen in Vollzeitbeschäftigung arbeiten. Zudem würden in 15 Jahren nur 56,4 Prozent aller Beschäftigten in den Pflegeberufen ausgebildete Fachkräfte sein.
Heute treffen Spitzenvertreter der Branche, der Kassen, des Verbraucherschutzes und der Länder mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zusammen, um die prekäre Lage zu beraten. Schon im Oktober hatte Rösler eingeladen, um einen "möglicherweise drohenden Fachkräftemangel in der Pflege zu diskutieren". Damals hatte es noch wie ein einfacher Auftakt für mehrere Gesprächsrunden zur Pflegereform ausgesehen. Doch bereits vor dem Treffen im Gesundheitsministerin sorgt die Zusammensetzung der Gesprächsrunde für Unruhe in der Pflegebranche.
Der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbands, Eberhard Jüttner, zeigte sich verärgert darüber, dass zwar die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, aber nicht ihre einzelnen Spitzenverbände eingeladen worden seien. Dem Hamburger Abendblatt sagte Jüttner: "Diejenigen, die im Bereich der Pflege eine Rolle spielen, müssen auch an den Gesprächen beteiligt und eingeladen werden. Sonst kann es nicht zu verbindlichen Absprachen kommen, und der sogenannte Pflegegipfel bleibt nur ein weiteres Gespräch im Elfenbeinturm."
Laut Jüttner müsse bei dem Gespräch die Frage nach den Kosten guter Pflege gestellt werden, sonst "wird man keine Lösung des Fachkräfteproblems finden". Politik und öffentliche Kostenträger müssen hier in die Pflicht genommen werden. Außerdem "müssen wir dringend die Pflegeausbildung reformieren. Dann wird der Beruf auch für den Nachwuchs wieder attraktiv." Konkret geht es dem Paritätischen Gesamtverband darum, die Ausbildung von beispielsweise Kranken- und Altenpflegern zu vereinheitlichen und die Grenzen zwischen beiden Branchen damit durchlässiger zu gestalten.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach dagegen von einem Dialoggespräch, das bewusst kein "Pflegegipfel" sei. Bei einem ähnlichen Gespräch mit Experten im nächsten Jahr wolle Rösler auch die weitere Finanzierung erörtern. Rösler selbst rief die Arbeitgeber in der Pflegebranche dazu auf, ihre Mitarbeiter besser zu entlohnen. "Wer gute Mitarbeiter sucht, kommt nicht weit, wenn er nur den Mindestlohn zahlt", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel".