Ministerpräsident zeigt Entgegenkommen im Streit um einen Standort. Bouffier: Ein Endlager für Atommüll überall in Deutschland suchen.
München. In der Auseinandersetzung um die Endlagerung von Atommüll in Deutschland zeigt erstmals ein Ministerpräsident eines südlichen Bundeslandes Entgegenkommen. Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“, man müsse überall in Deutschland geeignete Endlager suchen, sollte sich erweisen, dass Gorleben aus technischen Gründen nicht machbar sei. „Es kann ja wohl nicht sein, dass wir das St. Floriansprinzip zur Grundlage unserer Politik machen“, sagte Bouffier. Bislang hatten die süddeutschen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen stets ein neues Suchverfahren für ein Endlager abgelehnt.
Mehrmals hat Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) darauf hingewiesen, Gorleben sei der Standort mit den besten Perspektiven. Bayern weise keine vergleichbar guten Bedingungen auf. Auch seine Kollegin in Baden-Württemberg, Tanja Gönner (CDU), sieht keine Chancen für ein Endlager in Baden-Württemberg. „Wir sähen einer neuen Endlagersuche mit gewisser Gelassenheit entgegen“, sagte sie.
Dagegen hatte ein Gutachten der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe vor vier Jahren in beiden Bundesländern Regionen ausgemacht, die aus geologischer Sicht in Frage kämen. In Hessen fanden sich demnach keine guten Bedingungen. Die Union setzt derzeit allein auf Gorleben; seit dieser Woche ist dort der Weg für die weitere Erkundung frei.
Die Eignung Gorlebens als Atomendlager stelle allerdings „weder Greenpeace fest noch eine Zeitung noch diese oder jene Landesregierung“, schränkte Bouffier ein. „Die stellen Wissenschaftler fest.“ Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, Atommüll zur Endlagerung auch ins Ausland zu bringen, meinte Bouffier, man müsse schon „sehr gute Argumente haben, wenn man andere um Hilfe bittet“. Das könne sich zwar ergeben, man müsse aber wissen, „dass der andere dann gelegentlich auch Wünsche hat“. Die Debatte über die Endlagerung war durch die jüngsten Castor-Transporte neu entflammt. Mit Blick auf öffentliche Proteste gegen Großprojekte forderte Bouffier die Politik auf, mehr als bisher um Akzeptanz zu werben.