Verteidigungsminister Guttenberg soll offenbar ein Modell favorisieren, das den freiwilligen Wehrdienst von 7500 Soldaten vorsieht.
Berlin. Die Sparpläne der Bundesregierung sehen unter anderem eine Verkleinerung der Bundeswehr vor. Im Zuge dessen wird auch über die Abschaffung der Wehrpflicht debattiert. Wie jetzt bekannt wurde, soll Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vorsehen, die Bundeswehr auf 165.00 bis 170.000 Soldaten zu verkleinern. Guttenberg favorisiere nach Angaben aus Koalitionskreisen ein Modell, bei dem die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten von rund 190.000 auf 156.000 sinken würde. Das neue an dem Modell ist jedoch, dass 7500 freiwillige Soldaten im Jahr hinzukämen. Das würde bedeuten, dass die Wehrpflicht praktisch ausgesetzt werden würde und durch eine Art freiwilligen Wehrdienst ersetzt würde.
Guttenberg erhält aber Gegenwind auch aus seiner Partei. CSU- Generalsekretär Alexander Dobrindt sieht „keine Vorfestlegung von niemandem“. Guttenberg werde Anfang September „verschiedene Modelle zur strukturellen Weiterentwicklung der Bundeswehr vorstellen“. CSU- Chef Horst Seehofer hatte vor zwei Wochen vor einer Aussetzung der Wehrpflicht gewarnt, weil er darin eine faktische Abschaffung sieht.
Auch der Verteidigungsexperte der CSU im Bundestag, Thomas Silberhorn, hat Zweifel am freiwilligen Wehrdienst: Er sei „skeptisch, ob dafür ausreichend Freiwillige bereitstehen werden“, sagte er der Münchner Zeitung „tz“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte mit Blick auf den Zivildienst vor einer Kostenexplosion der Sozialfürsorge bei einer Aussetzung der Wehrpflicht. Die Bayern-SPD fürchtet, dass einige Bundeswehrstandorte geschlossen oder aufgelöst werden könnten.
Bundespräsident Christian Wulff warnte vor zu großen Einsparungen bei der Bundeswehr. Die Soldaten müssten sich darauf verlassen können, „dass die Streitkräfte auch künftig das erhalten, was sie zu einer erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufträge benötigen“, sagte er in Flensburg. Das Kabinett hatte im Juni Einsparungen im Verteidigungsbereich von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 beschlossen.
Die Details eines möglichen freiwilligen Wehrdienstes sind offen. Mit diesem Modell würde es keine zwangsweise Einberufung mehr geben. Denkbar wäre, dass die Erfassung junger Männer beibehalten wird. Für einen freiwilligen Dienst ist eine Zeitspanne von mehr als einem halben Jahr bis unter zwei Jahren im Gespräch. Auch eine Zeit von 18 Monaten soll geprüft werden. Wer freiwilligen Wehrdienst absolviert, soll auch im Ausland eingesetzt werden können. Die Wehrpflicht soll aber nicht aus dem Grundgesetz gestrichen werden.
Das Verteidigungsministerium wollte sich zu den Überlegungen nicht äußern. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Guttenberg prüft mehrere Modelle. Vom Tisch ist die Variante mit nur noch 150.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Eine andere Option sieht die Beibehaltung der Wehrpflicht vor bei einer Gesamtzahl von 205.000 Soldaten. Die Bundeswehr hat nach eigenen Angaben derzeit knapp 250.000 Soldaten, darunter rund 190.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Mehr als 26.000
Soldaten leisten freiwillig länger Wehrdienst. Dazu kommen knapp 33.000 Grundwehrdienstleistende.
Die Opposition begrüßte die Pläne weitgehend. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der „Bild“-Zeitung (Samstag): „Der Verteidigungsminister übernimmt einen Plan, den die SPD entworfen hat.“ Er sei gespannt, ob Guttenberg die Kraft habe, das Konzept in den eigenen Reihen durchzusetzen. Auch die Grünen reklamierten für sich, dass Guttenberg auf ihre Vorschläge zurückgegriffen habe. Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Malczak kritisierte aber: „Konsequenter wäre es, die Wehrpflicht abzuschaffen, statt sie nur halbherzig auszusetzen.“