Mit den geklauten Daten von Heinrich Kieber wurde der Schwarzgeld-Affäre von Postchef Zumwinkel aufgedeckt. Jetzt nennt er weitere Fälle.

Vaduz/Bochum. Die Liechtensteiner Steuer-Affäre um den früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel hat nach Angaben des Diebes der betreffenden Bankdaten weit größere Ausmaße als bislang angenommen. Insgesamt verfüge er über Material von 3929 Stiftungen, Gesellschaften und Trusts sowie von 5828 natürlichen Personen, sagte Heinrich Kieber dem Hamburger Magazin „Stern“. Darunter seien auch brisante Details zu den Finanzgeschäften von 46 „PEP – politisch exponierten Personen“.

Zumwinkels Steuerbetrug wurde im Februar 2008 mit Hilfe von Kiebers Informationen aufgedeckt – „zu meiner Überraschung bislang der einzige PEP, dessen Fall zumindest teilweise öffentlich wurde“, sagte der frühere Mitarbeiter der liechtensteinischen LGT-Bank dem Magazin. Zumwinkel war ins Visier der Justiz geraten , nachdem sich die Finanzbehörden über den Auslandsgeheimdienst Bankdaten verschafft hatten. Er wurde wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt.

Vom Bundesnachrichtendienst (BND) erhielt Kieber laut eigenen Angaben fünf Millionen Euro für seine Informationen. Der 45-Jährige behauptet, die Daten an insgesamt 13 Staaten weitergegeben zu haben - neben Kontoangaben auch private Vermerke und Gesprächsnotizen zwischen Kunden und Beratern. Kieber lebt heute an einem unbekannten Ort im Zeugenschutzprogramm eines Geheimdienstes. Nach seiner Darstellung flossen Milliardensummen von Schwarzgeld aus der ganzen Welt nach Liechtenstein. Über Konten von Briefkastenfirmen in Spanien oder Portugal, die indirekt der fürstlichen LGT Treuhand gehörten, sei das Geld in das Alpenland gelangt. Bei Bargeld-Anlieferungen soll es zu abenteuerlichen Szenen gekommen sein: Die Kunden hätten durch eine geheime Stahltür im öffentlichen Parkhaus der Hauptstadt Vaduz in einen Tresorraum der LGT Treuhand fahren können, berichtet Kieber.

Die LGT-Bank sah „keine Veranlassung, die Aussagen des rechtskräftig verurteilten Datendiebs weiter zu kommentieren“. Die eigentlichen Fakten lägen längst auf dem Tisch, sagte Marketingleiter Christof Buri. Bei der Staatsanwaltschaft in Bochum, die einen Großteil der Ermittlungen im Fall Zumwinkel geführt hatte, wurde Kiebers Darstellung mit Interesse aufgenommen. „Für uns selbst hat das aber keine große Aussagekraft“, meinte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek aus der Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen. Der Ermittler warnte vor Übertreibungen: „Die Frage ist: Was genau ist ein PEP, und wo sitzen die?“ Die wirkliche Brisanz der Daten sei weiter unklar. Liechtenstein hatte sich im Frühjahr strikt dagegen ausgesprochen, ausländischen Steuerfahndern Amtshilfe zu gewähren, wenn sich die Behörden bei ihren Ermittlungen auf gestohlene Daten stützen. Dennoch flogen infolge der Zumwinkel-Affäre Hunderte deutscher Steuersünder auf, weil Mitarbeiter von Banken heimliche Kopien angefertigt hatten.