EU-Kommission: Niedrige Geburtenraten sorgen für Finanzlöcher in den Rentenkassen. Europas Bürger müssen länger arbeiten.
Brüssel. Die EU-Kommission drängt die 27 Mitgliedstaaten zu einer weiteren Anhebung des Rentenalters. Das geht aus einem Strategiepapier hervor, das EU-Beschäftigungskommissar László Andor an diesem Mittwoch in Brüssel vorstellt und das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Am Horizont: die Rente mit 70.
Die jetzige Situation sei „unhaltbar“, schreiben die Autoren in dem sogenannten Grünbuch für ein angemessenes, nachhaltiges und sicheres europäisches Pensionssystem. Als Grund nennt die Kommission die niedrigen Geburtenraten sowie das durchschnittliche Lebensalter, das bis 2060 um sieben Jahre steigen dürfte. Wenn die Bürger nicht länger arbeiteten, seien die Renten nicht länger finanzierbar, lautet das Fazit.
Als Perspektive entwirft die EU-Kommission in dem Papier die Rente mit 70 ab dem Jahr 2060. Nach Angaben der Behörde kommen derzeit im EU-Schnitt vier arbeitende Menschen auf zwei Rentner. Dieses Verhältnis könnte beibehalten werden, wenn das Rentenalter bis 2040 im Schnitt auf 67 Jahre stiege und bis 2060 weiter auf 70 Jahre.
In Deutschland stießen die Vorschläge auf ein geteiltes Echo. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) verwies auf die bereits beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters von derzeit 65 auf 67 Jahre bis 2029. „Ich verstehe die Empfehlung der EU-Kommission als Aufforderung an die Länder, die diese Maßnahme noch nicht ergriffen haben“, sagte er in einem Interview.
Doch auch andere Mitgliedstaaten haben Reformen in Angriff genommen. Großbritannien plant bis 2046 die Rente mit 68. Spanien will das Eintrittsalter auf 67 anheben. In Frankreich wird heftig um eine Anhebung des Rentenalters von derzeit 60 auf 62 Jahre gestritten.
Das tatsächliche Renteneintrittsalter liegt in allen 27 Mitgliedstaaten deutlich niedriger als das gesetzliche, ab dem volle Bezüge greifen. Bundesbürger hören nach den EU-Angaben statistisch mit 61,7 Jahren auf zu arbeiten, das ist etwas später als der EU-Schnitt (61,4 Jahre). Am spätesten gehen die Iren mit 64,1 Jahren in Rente, am frühesten die Rumänen mit 55,5 Jahren.
Die EU-Kommission betont, es gebe nicht die eine maßgeschneiderte Lösung für alle Mitgliedstaaten. Das Grünbuch dient nun als Grundlage für Diskussionen mit den Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften.