Koalition kippt Obergrenze für Zusatzzahlung. Krankenversicherung wird deutlich teurer
Berlin. Auf die 50 Millionen gesetzlich Krankenversicherten kommen im nächsten Jahr zum Teil deutlich höhere Beiträge zu. Nach monatelangen Auseinandersetzungen haben sich die Spitzen von Union und FDP gestern darauf verständigt, wie das für 2011 erwartete Defizit der Krankenkassen von elf Milliarden Euro finanziert werden soll.
Im Kern sehen die Pläne vor, den Krankenkassenbeitrag ab 2011 um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent anzuheben - wobei der Arbeitgeberanteil bis mindestens 2013 bei 7,3 Prozent eingefroren werden soll. Darüber hinaus können die Kassen die einkommensunabhängigen Zusatzbeiträge, die allein von den Versicherten bezahlt werden, künftig nach eigenem Ermessen in unbegrenzter Höhe festlegen.
Bislang durfte diese monatliche Zuzahlung einen Betrag in Höhe von einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens oder 37,50 Euro nicht überschreiten. Versicherten, die künftig eine höhere Zuzahlung vermeiden wollen, bleibt nur ein Wechsel der Krankenkasse. Für Geringverdiener, die sich den Zusatzbeitrag nicht leisten können, ist allerdings ein Sozialausgleich aus Steuermitteln vorgesehen.
Dabei gilt die Regel: Wenn der von der Kasse erhobene Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen Lohns übersteigt, bekommt der Arbeitnehmer für den darüber hinausgehenden Betrag einen Ausgleich, der automatisch auf dem Lohnzettel verbucht wird. Der Ausgleich erfolgt aber nur in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrags aller Kassen.
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), der die Pläne der Koalition gestern in Berlin vorstellte, sieht in dem Konzept eine "ausgewogene Mischung, in der wichtige Weichen für die Zukunft gestellt werden". Auch Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen und die Pharmabranche müssten einen Sparbeitrag leisten, sagte Rösler. Das Einsparvolumen für 2011 bezifferte er auf 3,5 Milliarden Euro, für das darauf folgende Jahr auf vier Milliarden Euro. Dafür sollten unter anderem die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen eingefroren und die Kostensteigerungen bei den Krankenhäusern begrenzt werden. Die Arzneimittelhersteller sollten bis zu zwei Milliarden Euro beitragen.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) verteidigte die Entscheidung, den Beitragssatz anzuheben. Dieser werde nicht wirklich erhöht, sondern vielmehr "wieder auf das Niveau festgesetzt, das er vor der Finanzkrise hatte". FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, man habe bei der Gesundheitspolitik "für die dauerhafte Gesundheitsversorgung der Bürger eine Menge erreicht".
Heftige Kritik kam von der Opposition. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte dem Abendblatt, der Kompromiss bedeute den "Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung des Gesundheitssystems". SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann sieht eine "blamable Bankrotterklärung" der Koalition.