Berlin. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht die schwarz-gelbe Koalition beim Betreuungsgeld auf einem immer abenteuerlicheren Kurs. "Das ist von A bis Z eine völlig absurde und verkorkste Angelegenheit, weil sie von Anfang an unsinnig gewesen ist", sagte Gabriel der Deutschen Presse-Agentur. "Hier soll partout ein veraltetes Familienbild der CSU durchgesetzt werden." Er glaube, dass bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen (6. und 13. Mai) jeweils eine Art kleine Volksabstimmung darüber stattfinden werde. "Denn nirgendwo ist derzeit der Unterschied zwischen CDU/CSU und FDP auf der einen Seite und der SPD auf der anderen so groß wie bei dieser Frage", betonte Gabriel.
"Es wäre dringend zu wünschen, die Debatte einzustellen und das Geld den Kommunen zugutekommen zu lassen, damit sie ihre Kindertagesstätten ausbauen können", sagte Gabriel. Der wichtigste Bedarf sei dort, wo Kindertagesstättenplätze fehlen. "Wir reden über Fachkräftemangel und schicken Hunderttausende gut ausgebildete Frauen in die Arbeitslosigkeit, weil sie keine Betreuungsplätze für die Kinder finden und zu Hause bleiben müssen."
Auch die Grünen wollen die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu einer Entscheidung über das Betreuungsgeld machen. Die Spitzenkandidatin der Grünen in NRW, Sylvia Löhrmann, kritisierte das Vorhaben als "Anti-Betreuungs-Prämie". Eine Lehre aus der PISA-Bildungsstudie sei, dass es darauf ankomme, Kinder von Anfang an zu fördern "und nicht das Fernbleiben zu honorieren", sagte Löhrmann. Selbst im Falle einer Wiederwahl könnten die Grünen das Vorhaben nur im Bundesrat stoppen. Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb haben dort derzeit allerdings eine Mehrheit.
In einer Aktuellen Stunde im Bundestag warfen sich die Politiker der Bundesregierung und der Opposition gegenseitig Wahlbetrug vor. Die FDP betonte, das Betreuungsgeld sei im Koalitionsvertrag festgeschrieben, und sie wolle "vertragstreu bleiben". Voraussetzung sei, dass die neue Familienhilfe finanzierbar sei.