Gericht erlässt einstweilige Verfügung wegen „Falschberichterstattung“ - Mögliche Vorteilsannahme wird geprüft.
Berlin. Bundespräsident Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina haben die Berichterstattung über die angeblich kostenlose Nutzung eines Privatwagens gerichtlich stoppen lassen. Das Kölner Landgericht erließ am Donnerstag nach Angaben von Wulffs Anwalt eine einstweilige Verfügung gegen die „Berliner Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“ (Aktenzeichen 28 O 48/12). Die beiden Zeitungen hatten berichtet, das Ehepaar Wulff habe einen Wagen vom Typ Audi Q3 schon im Sommer 2011 offenbar kostenlos fahren dürfen - Monate bevor das Modell zu kaufen war. Dies hatte Wulff über seinen Anwalt als „gezielte Falschberichterstattung“ zurückgewiesen.
+++Wulff fordert Stellungnahme Glaesekers+++
Die Audi AG bestätigte erklärte, dass Bettina Wulff erst im Dezember einen Audi Q3 gemietet habe – und dies zu „marktüblichen“ Konditionen. Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Berlin eine mögliche Vorteilsannahme.
Nach Darstellung der „Frankfurter Rundschau“ durften die Wulffs den Audi Q3 von Sommer 2011 an nicht nur gratis, sondern auch Monate vor dessen Markteinführung nutzen. Das Fahrzeug sei auf Anweisung des Konzernmanagements an ein Berliner Autohaus geliefert worden mit dem Hinweis, der Wagen solle auf dem Gelände des Autohauses geparkt und von den Wulffs abgeholt werden. Die Chefredakteurin der „Frankfurter Rundschau“ und „Berliner Zeitung“, Brigitte Fehrle, wies den Vorwurf unzutreffender Berichte vehement zurück: „Wir haben an jeder Stelle die journalistische Sorgfaltspflicht gewahrt.“
Nach Angaben von Audi hat Bettina Wulff lediglich vom 22. Dezember 2011 bis zum 23. Januar dieses Jahres einen Audi Q3 von einem Berliner Automobilhändler geliehen. Und zwar keineswegs kostenlos, sondern „zum marktüblichen Preis von 850 Euro für einen Monat“, wie Unternehmenssprecher Jürgen De Graeve auf dapd-Anfrage beteuerte. Dabei handele es sich um ein Angebot „wie es jeder Kunde von uns bekommen würde“. Zudem sei das Modell im September 2011 in den freien Verkauf gekommen, dem Staatsoberhaupt und seiner Frau also auch nicht exklusiv vorab zur Verfügung gestellt worden.
Auf Antrag von Bettina Wulff untersagte das Landgericht Köln nun beiden Zeitungen folgende Behauptungen und deren Verbreitung: Zum einen, dass „die Wulffs schon von Sommer 2011 an offenbar kostenlos einen Audi Q3 fahren“ durften, und das „Monate bevor das Modell markteingeführt war“. Sowie die Aussage, dass es eine „monatelange kostenlose Nutzung des ersten Q3 durch die Wulffs seit dem Sommer 2011 bis Dezember“ gegeben habe.
Zuvor hatte auch die „Berliner Zeitung“ über angebliche Sonderkonditionen beim Leasing eines Wagens berichtet. Beim Geschäftsführer des betreffenden Berliner Autohauses habe sich Wulff zudem mit einem offiziellen Amtsschreiben des Bundespräsidenten für ein geschenktes Bobby-Car für seinen Sohn bedankt und den Geschäftsführer im Gegenzug zum Sommerfest 2012 ins Schloss Bellevue eingeladen. Wulffs Anwälte bestritten diesen Vorwurf ebenfalls.
Als Reaktion auf die Medienberichte veranlasste die Staatsanwaltschaft Berlin eine Vorprüfung, ob möglicherweise strafbares Verhalten vorliegt. „Das geht aber nicht innerhalb weniger Tage, sondern nur durch gründliche juristische Prüfung“, sagte Oberstaatsanwältin Simone Herbeth. Der Vorwurf marktunüblicher Leasingkonditionen beim Leihen im Dezember stehe bereits seit längerem im Raum. „Aber die kostenlose Nutzung im Sommer ist ein Umstand, der uns bislang nicht bekannt war“, sagte Herbeth. Das Prüfungsergebnis sei frühestens nächste Woche zu erwarten.
Mit Material von dpa und dapd