Beim Besuch des spanischen Regierungschefs im Kanzleramt betonte Merkel zudem die Bedeutung des Fiskalpaktes zwischen den EU-Ländern.
Berlin. Nach einem Treffen mit dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy in Berlin hat die Bundeskanzlerin die Wirtschafts- und Finanzreformen Spaniens gelobt. "Mit außerordentlicher Achtung" verfolge Deutschland die teils nicht einfachen Schritte, sagte Merkel am Donnerstag. Europa müsse den Menschen Hoffnung geben, wenn es als Idee überzeugen solle. Dies gelte besonders für junge Leute, von denen gerade in Spanien viele arbeitslos seien. Erst durch übermäßige Verschuldung sei die Euro-Zone ins Visier der Märkte geraten, sagte Merkel.
+++Vertrauen in Spanien und Italien wächst+++
+++Milliarden für Spanien und Italien+++
Merkel betonte, beim EU-Gipfel am kommenden Montag in Brüssel sei es wichtig, den Fiskalpakt zwischen den EU-Ländern abzuschließen. Genauso wichtig sei es aber, dass die Staats- und Regierungschefs über Maßnahmen für mehr Wachstum und Beschäftigung berieten: „Solide Haushalte und Wachstum sind keine Gegensätze.“ Sie fügte hinzu: "Auf Dauer brauchen wir beides.“ Niemand setze einseitig aufs Sparen. Gleichzeitig bekräftigte Merkel ihre Haltung, dass die EU-Kommission bei Verstößen gegen die geplanten nationalen Schuldenbremsen vor dem Europäischen Gerichtshof klagen sollte. Da der Fiskalpakt aber nicht im Rahmen des geltenden EU-Vertrages, sondern mit einem Extravertrag besiegelt werde, gebe es rechtliche Bedenken beim Klagerecht der Kommission. Alternativ müssten die EU-Länder sich bei Verstößen gegenseitig verklagen. „Ich sehe da ehrlich gesagt keinen großen Unterschied“, meinte Merkel.
+++Drohende Rezession: Spanien verfehlt Defizit-Ziel+++
Rajoy betonte, seine Regierung setze auf Haushaltsdisziplin und Strukturreformen. Spanien brauche dringend mehr Jobs. In Spanien liegt die Arbeitslosenquote mit 21,5 Prozent so hoch wie in keinem anderen Land der Eurozone. In Europa wird aber mit Sorge beobachtet, ob Spanien auch bei einer Konjunkturabkühlung seine ehrgeizigen Defizitpläne noch einhalten kann. Der spanische Finanzminister Cristóbal Montoro hatte sich kürzlich nur noch unverbindlich geäußert: „Es ist wünschenswert, und es wäre gut, dies zu schaffen.“ Anschließend kamen Spekulationen auf, Rajoy könne beim EU-Gipfel an diesem Montag in Brüssel mehr Zeit für die Haushaltssanierung fordern. Der Ministerpräsident wies das zurück.
In Spanien haben Gewerkschaften und Arbeitgeber vereinbart, dass in den nächsten drei Jahren die Löhne nicht stärker als 0,6 Prozent jährlich steigen sollen. Im Februar folgt laut Rajoy eine Arbeitsmarktreform, danach eine Reform im Bankensektor - einschließlich einer Neubewertung der Immobilienwerte, die im Zuge der Krise eingebrochen waren. Seine Regierung fühle sich den vereinbarten Sparzielen verpflichtet, sagte Rajoy. Man dürfe nicht mehr ausgeben als man einnehme. Die Haushaltssanierung sei ein „nationales Ziel“ des Königreichs. Spanien habe vergangenes Jahr 90 Milliarden Euro zu viel ausgegeben: „Das mag ich einfach nicht“, sagte Rajoy. Nur kurzfristig zu denken, wäre ein Betrug an der spanischen Bevölkerung. Doch die kommenden vier Jahre würden eine „lange und schwierige“ Phase werden, sagte der Ministerpräsident. Zu den Sparmaßnahmen zählen Ausgabenkürzungen im Umfang von 8,9 Milliarden Euro und Steuererhöhungen, die zusätzlich 6,2 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen sollen.
Rajoy hält die Tür für eine Aufstockung des dauerhaften Euro-Fonds ESM zudem weiterhin offen. „Wahrscheinlich gilt: Je größer er ist, desto geringer wird er wohl in Anspruch genommen werden müssen“, sagte er. Er habe aber nicht mit Merkel darüber gesprochen. Der Fonds habe einen wichtigen präventiven Charakter. „Mir liegt in diesem Moment am dringendsten am Herzen, dass der Mechanismus bald ausgestaltet wird und auch in Gang kommt“ betonte Rajoy. Zur Diskussion um einen Beitrag öffentlicher Gläubiger wie der EZB an der Umschuldung Griechenlands äußerte sich Merkel nicht. „Wir arbeiten auf der Grundlage, dass erst einmal die freiwillige Umschuldung (mit dem Privatsektor) ausgehandelt werden muss“, sagte sie. Hier seien die Maßstäbe mit den Vereinbarungen vom Oktober klar gesetzt. Sie räumte aber ein, dass sich die Wachstumsprognosen für Griechenland inzwischen geändert hätten. Damit würden sich die europäischen Finanzminister noch einmal beschäftigen. „Ich glaube, das ist auf einem guten Weg“, erklärte Merkel. Beim EU-Gipfel werde „nach menschlichem Ermessen“ der Bericht der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission zu den Fortschritten Griechenlands bei den vereinbarten Reformen noch nicht vorliegen.
Die Bundeskanzlerin hatte ihren Gast zuvor mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Sie sei überzeugt, eng und gut mit Rajoy zusammenzuarbeiten. Beide Länder seien auch der Überzeugung, dass die Sanktionen gegenüber Iran verschärft werden müssten, betonte Merkel.
Mit Material von dpa/dapd/rtr