Die Kürzungen im Sozialbereich stoßen SPD und Gewerkschaften übel auf. Doch auch Experten bewerten das Sparpaket kritisch.
Berlin. Bei Opposition und Gewerkschaften formiert sich massiver Widerstand gegen die von der Bundesregierung verkündeten Sparpläne. Die Maßnahmen seien „extrem feige, weil die Verursacher dieser Krise geschont und Bedürftige rasiert werden“, sagte die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im SWR-Fernsehen. Die SPD werde „diese massiven Einschnitte in der aktiven Arbeitsmarktpolitik nicht hinnehmen“.
DGB-Chef Michael Sommer sprach von einem Dokument der Perspektivlosigkeit und sozialen Schieflage. Sommer hat eine groß angelegte Protestaktion gegen die Sparpläne der Bundesregierung angekündigt. „Dieses verfehlte Sparpaket bleibt nicht ohne eine angemessene Antwort der Gewerkschaften“, sagte Sommer der „Rhein-Neckar-Zeitung“. „Die Diskussion tragen wir jetzt in die Betriebe und Verwaltungen. Auch gegen die Kürzungen im öffentlichen Dienst werden wir mobilisieren.“ Auch der Arbeitnehmerflügel der CDU äußerte Kritik.
Nahles bemängelte die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei den Beratungen über das Sparpaket: „Ich finde, die FDP setzt sich hier durch. Das ist klar. Die Handschrift ist die von Guido Westerwelle, aber die Kanzlerin heißt Angela Merkel, und die hat die Richtlinienkompetenz.“
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, hat das Sparpaket als Etikettenschwindel bezeichnet. Die Sparbemühungen gingen nicht weit genug, sagte er dem „Münchner Merkur“. Neue Steuern oder Abgaben wie etwa die ökologische Luftverkehrsabgabe verführten dazu, dass die Ausgaben nicht so stark gesenkt werden, wie sie müssten. Unter den Sparzielen gebe es „eine ganze Reihe von Luftschlössern“. Die Finanzmarkttransaktionssteuer etwa solle ab 2012 zwei Milliarden Euro bringen. „Die Steuer muss aber erst eingeführt werden, und das nicht von Deutschland alleine.“
Die Einsparungen bei den Verwaltungsausgaben des Bundes seien nur pauschal angesetzt. „Dabei ist unklar, ob sie überhaupt umgesetzt werden können.“ Er könne nicht erkennen, wo überhaupt Subventionen oder Finanzhilfen angetastet würden. „Ich schlage vor, dass die Bundesregierung gleich die nächste Sparklausur einberuft, um die Ausgaben des Bundes zu begrenzen“, sagte Däke. „Denn das kann nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen sein.“
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, hat das 80-Milliarden-Euro- Sparpaket der Bundesregierung als sozial gerecht gelobt. „Es ist nach meinem Eindruck ausgewogen“, sagte Sinn der „Rheinischen Post“. „Geld, das man nicht hat, kann man nicht ausgeben.“ Die Konjunktur werde durch das Sparpaket kaum beeinträchtigt. Sinn: „Wir sind heute in einem starken Konjunkturaufschwung, in dem man Konsolidierung am ehesten verkraften kann.“ Er forderte über das Sparpaket hinaus die Einführung einer Pkw-Maut.
Der Regensburger „Wirtschaftsweise“ Wolfgang Wiegard bezweifelt, dass der deutsche Staatshaushalt ohne Steuererhöhungen saniert werden kann. Der „Mittelbayerischen Zeitung“ sagte das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, bis zum Ende dieser Legislaturperiode könne man wohl noch ohne Steuererhöhungen auskommen, danach werde es spannend: „Ich glaube nach wie vor, dass es dann kaum ohne Steuererhöhungen geht.“ Wiegard hatte sich wiederholt für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen.