Im Exklusiv-Interview mit dem Hamburger Abendblatt spricht Präses Nikolaus Schneider Klartext: “Was in Afghanistan passiert, ist Krieg.“
Hamburg. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider, hat massive Kritik an Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geäußert. „Wir laufen Gefahr, dass der Einsatz völlig seine Legitimation verliert“, sagte Schneider dem Hamburger Abendblatt. „Der Konflikt in Afghanistan ist aus dem Ruder gelaufen. Die Legitimation des Bundeswehr-Einsatzes ist äußerst brüchig geworden.“
Präses Nikolaus Schneider über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan - die Interview-Passagen im Wortlaut
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland betonte: „Wenn es die Politik nicht deutlich sagt, dann sagen wir es als Kirche: Was in Afghanistan passiert, ist Krieg.“ Man müsse „aufräumen mit der Selbsttäuschung unserer Gesellschaft, die die Bundeswehr lange als besseres Technisches Hilfswerk gesehen hat, die Brücken baut, Brunnen bohrt und Wasserleitungen legt“. Natürlich tue die Bundeswehr das auch, aber tatsächlich gehe es darum, den zivilen Wiederaufbau militärisch zu sichern, sagte Schneider weiter. „Dabei wird man beschossen, man schießt zurück, und man tötet Menschen“, so der Präses.
Schneider lobte den von seiner Amtsvorgängerin Margot Käßmann geäußerten Satz „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Dazu sagte der EKD-Ratsvorsitzende: „Dieser Satz war zugespitzt und hat eine wichtige Wirkung entfaltet. Insofern war er gut.“
Zugleich warnte der Präses die Bundesregierung vor einem langfristigen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. „Deutschland darf nicht zu so etwas wie einem langjährigen Besatzer werden. Das wäre eine fatale Entwicklung“, so Schneider. Es gebe einen entscheidenden Impuls der USA für eine Exit-Strategie. „In deren Windschatten muss sich auch für uns eine Abzugsperspektive ergeben“, forderte der evangelische Theologe.