Verteidigungsminister Guttenberg steht wegen der Kundus-Affäre in der Kritik. Statt aufzuklären, stelle er unbequeme Militärs kalt, poltert die Opposition.
Berlin. Am Donnerstag wird Wolfgang Schneiderhan vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss aussagen. Aber schon vor der Anhörung des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr gerät Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen der Entlassung eines weiteren Generals zunehmend in die Kritik.
Kommentar: Die Karten müssen auf den Tisch
Oppositionspolitiker sprachen am Wochenende von einem drohenden Vertrauensverlust in der Truppe, weil der Eindruck entstehe, Guttenberg trenne sich von kritischen Militärs. Brigadegeneral Henning Hars war in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, nachdem er dem Minister einen Brief geschrieben hatte. Aufgrund dieses Schreibens hätten sowohl ein Vorgesetzter des Generals wie auch Staatssekretär Rüdiger Wolf empfohlen, sich von Hars zu trennen, sagte ein Ministeriumssprecher. Gestern dementierte das Ministerium einen ARD-Bericht, in dem es geheißen hatte, Hars habe Guttenberg zum Rücktritt aufgefordert.
Unterdessen droht die SPD damit, Zeugen im Kundus-Untersuchungsausschuss mehrfach vorzuladen, wenn das Bundesverteidigungsministerium weiterhin die Herausgabe von Dokumenten verzögere, die für die Ermittlungsarbeit wichtig seien. "Guttenberg hat eine schnelle und transparente Aufklärung zugesagt. In Wirklichkeit wird aber die Herausgabe von Dokumenten zunehmend verschleppt. Dafür trägt der Minister als Leiter des Hauses die Verantwortung", sagte SPD-Verteidigungsexperte und Ausschuss-Obmann Rainer Arnold dem Hamburger Abendblatt. "Sollte sich daran nichts ändern, werden wir etliche Zeugen vielleicht mehrfach befragen müssen", drohte Arnold.
Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück und teilte mit, dass bei jedem einzelnen Dokument geprüft werden müsse, ob man es herausgebe, teilweise schwärze oder geheim lasse - das sei "sehr zeitaufwendig". Arnold wollte das nicht gelten lassen: "Es kann doch zum Beispiel nicht so schwierig sein, die Briefe aufzutreiben, die Schneiderhan an Guttenberg verschickt hat. Da muss man nun wirklich nicht suchen im Ministerium."
Mit der öffentlichen Vernehmung Schneiderhans und des ebenfalls entlassenen Staatssekretärs Peter Wichert beginnt am Donnerstag die politische Aufklärungsarbeit im Ausschuss. Beide waren von Guttenberg Ende November in den Ruhestand versetzt worden, da sie ihm Dokumente über den verheerenden Luftangriff im Norden Afghanistans vorenthalten haben sollen, dem am 4. September bis zu 142 Menschen zum Opfer fielen. Guttenberg hatte seine Vorwürfe zuletzt zwar relativiert und betont, er haben nie den Eindruck gehabt, dass Schneiderhan und Wichert "vorsätzlich" oder "böswillig" gehandelt hätten.
Aus Sicht der SPD ändert das an der Sachlage nichts: "Der Minister wählt inzwischen zwar einen moderateren Ton und will damit seine drastisch überzogenen Formulierungen vergessen machen", sagte Arnold. "Fakt ist aber: Er schiebt die Verantwortung für seine Falschbewertung des Einsatzes immer noch auf die beiden ab. Das Motiv ist klar: Er braucht Sündenböcke für sein Verhalten." Die Sozialdemokraten wollen wissen, "was genau im Ministerium vorgefallen ist" und "ob in den angeblich vorenthaltenen Akten überhaupt substanzielle Informationen über den Luftangriff enthalten sind, die Guttenberg nicht auch aus dem Isaf-Bericht hätte haben können, der Guttenberg zum Zeitpunkt seines Amtsantritts vorlag".
Heute wird der Ausschuss zunächst die Vernehmung von zwei Generalen nachholen, für den 25. März ist der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vor den Ausschuss geladen, der über die Affäre gestürzt war. Guttenberg selbst wird erst im April oder Mai aussagen.