Sollte der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst zu hoch ausfallen, stünden Bibliotheken, Theater und Schwimmbäder vor der Schließung.
Hamburg. Mit großer Sorge verfolgen die Kommunen die derzeitigen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Ganz gleich, wie hoch der Abschluss für die rund zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen ausfällt, auf die Städte und Gemeinden kommen erhebliche Mehrausgaben und neue Schulden zu. Aus diesem Grund hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) den Gewerkschaften Ver.di und dbb-Tarifunion empfohlen, nicht mehr als 1,5 Prozent mehr Geld zu fordern. Der DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte dem Hamburger Abendblatt mit Blick auf die am Donnerstag beginnende Schlichtung: "Ver.di sollte sich an den Verhandlungen mit seinen eigenen Mitarbeitern orientieren." Für den Städte- und Gemeindebund sei es "schon erstaunlich, dass die Gewerkschaften für ihre eigenen Mitarbeiter wegen der schwierigen Finanzlage nur 1,5 Prozent Gehaltssteigerung anbieten und für den öffentlichen Dienst fünf Prozent fordern", sagte Landsberg. Die derzeitigen Forderungen seien "völlig unangemessen".
Landsberg warnte vor dramatischen Folgen eines zu hohen Tarifabschlusses: "Wir müssten unser kommunales Dienstleistungsangebot weiter einschränken, zum Beispiel durch weitere Schließung von Bibliotheken, Theatern und Schwimmbädern, durch Gebührenerhöhungen, zum Beispiel in Kindertageseinrichtungen oder Museen oder durch die Kürzung von Zuschüssen für Vereine." Er betonte: "Und wir müssten weiter Personal abbauen. Das will niemand."
Die kommunale Finanzlage sei "schlicht katastrophal", sagte Landsberg weiter. Ein Tarifabschluss von fünf Prozent werde allein für die kommunale Seite 3,7 Milliarden Euro Mehrkosten verursachen. "Schon eine einprozentige Erhöhung kostet die Kommunen 740 Millionen Euro. Dies ist vor dem Hintergrund des zu erwartenden Finanzierungsdefizits der Kommunen von zwölf Milliarden Euro im Jahr 2010 nicht zu finanzieren", sagte Landsberg. Nach DStGB-Angaben liegen die kurzfristigen Kassenkredite der Kommunen inzwischen bei 33,8 Milliarden Euro. Dagegen seien die Steuereinnahmen im vergangenen Jahr um 7,1 Milliarden Euro und damit um rund zehn Prozent eingebrochen. Dagegen seien die kommunalen Personalausgaben 2009 um 4,8 Prozent - somit rund zwei Milliarden Euro - gestiegen.
Die Tarifgespräche waren am Donnerstag trotz leichter Bewegung in den Verhandlungen gescheitert. Für Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen ab kommenden Donnerstag der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt und Hannovers früherer Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg den Tarifkonflikt schlichten. Die Gewerkschaften sind mit einer Gesamtforderung von fünf Prozent in die Gespräche gegangen. Inzwischen haben sie den Bedarf für 2010 auf ein Gesamtvolumen von 3,5 Prozent abgesenkt.
Für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist diese Forderung noch immer viel zu hoch. Er sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Warnstreiks und Forderungen im Gesamtvolumen von zuletzt noch 3,5 Prozent seien realitätsfremd. Ihm fehle jedes Verständnis für den aggressiven Arbeitskampf im öffentlichen Dienst. Ver.di stehe damit in eklatantem Gegensatz zu den Einsichten der meisten anderen Gewerkschaften wie der IG Metall, die erstmals in ihrer Geschichte ohne bezifferte Lohnforderung in die Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie geht. Die Arbeitgeber boten den Gewerkschaften zuletzt ein Gesamtvolumen von 1,5 Prozent für eine Laufzeit von zwei Jahren an.