Die Schlichter im Tarifstreit haben sich einvernehmlich auf ein Lohnplus in drei Stufen geeinigt. Damit rückt der Tarifabschluss tatsächlich näher.
Velen. Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ist so gut wie beigelegt. Nach 31 Stunden Verhandlungsmarathon ohne Pause war es am Donnerstagnachmittag endlich vollbracht. Mit Zustimmung der vertretenen Arbeitgeber und Gewerkschaften legten die Schlichter eine einvernehmliche Empfehlung vor. Auf deren Grundlage wollen die Tarifparteien am Samstag die Verhandlungen offiziell wieder aufnehmen – mit einer Einigung wird gerechnet. Den Bürger bleiben somit voraussichtlich weitere Streiks bei Busse und Bahnen, in Kitas und bei der Müllabfuhr erspart. Der Schlichterspruch sieht stufenweise Entgelterhöhungen und einen Ausbau der leistungsorientierten Bezahlung vor. Während sich Gewerkschaften und Bundesregierung zuversichtlich über ein Ende des Tarifstreits äußerten, gaben sich die Kommunen zurückhaltender.
Die beiden Schlichter, Hannovers Ex-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) und der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), wirkten sichtlich erleichtert und geschafft, als sie das detaillierte Ergebnis als ihr „Gesamtkunstwerk“ vorstellten: Die Schlichtungsempfehlung sieht ab Januar 2010 rückwirkend 1,2 Prozent mehr Geld vor, ab Januar 2011 weitere 0,6 Prozent und ab August 2011 noch einmal 0,5 Prozent.
Die beiden Schlichter empfehlen den Angaben zufolge einen Tarifabschluss für 26 Monate bis zum 29. Februar 2012. Zudem soll es zum 1. Januar 2011 eine Einmalzahlung von 240 Euro geben. Die kommunalen Arbeitgeber bezifferten die Erhöhung auf 2,3 Prozent über 26 Monate.
Außerdem soll der Anteil der leistungsorientierten Bezahlung von derzeit einem Prozent der Bezüge bis 2013 schrittweise auf zwei Prozent steigen. Vorgesehen ist auch eine zwölfmonatige Übernahmegarantie für Auszubildende. Für die Altersteilzeit, deren gesetzliche Regelungen auslaufen, empfehlen die Schlichter eine Weiterführung für Beschäftigte ab 60 Jahren.
Doch vor allem die Kommunen werden an dem Ergebnis schwer zu schlucken haben. Viele Stadtkämmerern steht ohnehin heute schon das Wasser bis zum Hals: Über 110 Milliarden Euro Schulden, wegbrechende Gewerbesteuer-Erlöse infolge der Krise und weitere Steuerausfälle durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Koalition engen den finanziellen Spielraum der Kommunen erheblich ein. Die Bürger würden die Auswirkungen durch saftige Gebührenerhöhungen bei Kitas und Schwimmbädern sowie durch Leistungsminderungen zu spüren bekommen, heißt es drohend bei einigen Kommunalvertretern.
„Starkes Signal für einen Abschluss“
Die Gewerkschaften, darunter die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die dbb tarifunion, erklärten, sie sähen in der Einvernehmlichkeit der Schlichtungsempfehlung ein „starkes Signal, dass der Weg frei gemacht ist für einen Abschluss“. Am Freitag soll die ver.di-Bundestarifkommission die Empfehlung beraten. Eine Gewerkschaftssprecherin erklärte, man rechne nicht mit einem Veto.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sprach von einem „guten Schlichtungsergebnis“. Innenminister Thomas de Maizière als Verhandlungsführer der Arbeitgeber gehe sehr zuversichtlich in die Wiederaufnahme der Tarifgespräche am Samstag in Potsdam.
Die kommunalen Arbeitgeber (VKA) dagegen äußerten sich zurückhaltender und verwiesen auf Sitzungen der zuständigen Gremien, die bis zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zustimmen müssten. Die Einvernehmlichkeit des Schlichterspruchs sei aber ein Indiz, dass die Tarifverhandlungen am Wochenende erfolgreich zum Abschluss gebracht werden könnten. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, begrüßte die Schlichtungsempfehlung in der Hannoverschen „Allgemeinen Zeitung“ als „Spruch der Vernunft“.
33-seitiger Schlichtungsvorschlag und viele Einzelregelungen
Der Schlichtungsvorschlag umfasst insgesamt 33 Seiten und beinhaltet mehrere Öffnungsklauseln für weitergehende Einzelregelungen. Schmalstieg sprach von einem „Ergebnis, das sich sehen lassen kann, das niemanden überfordert“ und in die Zeit passe.
Milbradt erklärte, an der Tariffront könne nun Ruhe für 26 Monate herrschen, zudem würden die tariflichen Strukturen weiterentwickelt. Der Ausbau der Leistungskomponente sei ein „Beitrag zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes“.